Erfahrungsbericht Vivi: schwieriger Promethazinentzug

Berichte von Betroffenen, die bereits Antidepressiva, Benzodiazepine, Neuroleptika (Antipsychotika) oder Phasenprophylaktika abgesetzt haben
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Erfahrungsbericht Vivi: schwieriger Promethazinentzug

Vivi hatte Promethazin ursprünglich nur als Bedarfmedikament v.a. gegen Übelkeit an einzelnen Tagen mit 5-20 mg genommen. Nach dem Absetzen entwickelte sich eine schwere Entzugssymptomatik.
Vivi nimmt derzeit noch Lithium.
Dieser Erfahrungsbericht wurde uns von ihr mit freundlicher Genehmigung zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt. Er wurde der besseren Lesbarkeit wegen, sprachlich leicht editiert.



Seit dem 04.04.2021 bin ich nun am Ausschleichen. Bin mal wieder, wie damals bei Venlafaxin turbulent gestartet. Von April bis Juli ging es mir die meiste Zeit schlecht, der Höhepunkt war nicht endende starke Unruhe und eine Bewegungsstörung. Dazu später noch etwas.

Ab dem 15. November wurde es immer schlechter, eine dicke Erkältung kam am 19. auch noch dazu. Die Medikamente dagegen musste ich absetzen, weil sie meinem stark angeschlagen Magen den Rest gaben. Ich bekam selbst von etwas Haferschleim und Kamillentee so starkes Sodbrennen, das bis in den Rücken und Brustkorb ausstrahlte. Eine Rollkur brachte auch nach 3 Wochen keine Besserung. Ich habe Unmengen an Magentee getrunken, dass ich ihn nicht mehr sehen kann, der Geruch alleine bringt mich zum Würgen. Der Käsepappeltee, den Cat mir empfohlen hatte, ist wirklich lecker, aber geholfen hat er leider nicht.

Die Magenbeschwerden waren am Anfang wirklich schlimm. Ich hatte alle Symptome einer akuten Gastritis, Reflux, Roemheld und Histaminintoleranz. Peter Lehmann schrieb ja, dass besonders niederpotente NL schwer abzusetzen sind, bei 84% vor allem der Magen betroffen ist, was Monate anhalten kann. Damit hat er nicht übertrieben.

Eine histarminarme Ernährung brachte auch keine Besserung, ich vermute, es liegt daran, dass Promethazin ein Antihistaminikum ist und durch das Reduzieren immer zu viel Histamin da ist.
Ich habe auch 3 x für 10 Tage Pantoprazol versucht. Erst gab es nach 2 Tagen eine Besserung aber schon nach 9 Tagen Einnahme wurde es wieder schlechter und ich wurde durch Pantoprazol depressiv. Vomex oder Ähnliches konnte ich nicht nehmen, da ich ja noch Lithium nehme und das mit vielen Medis zu Wechselwirkungen kommt. Etwas Erleichterung habe ich bei Übelkeit, aber nicht ganz weg, durch Iberogast.
Mittlerweile sind die Magenbeschwerden in den Fenstern erträglich, aber in den Wellen so stark wie am Anfang des Entzuges.

Essen ist seit dem Entzug eine einzige Quälerei. Habe nie Appetit, muss mich auch an besseren Tagen überwinden etwas zu essen. Ich lebe fast nur noch von Haferflocken mit Leinsamschrot und Mandelmilch. Manchmal kommen noch ein paar Kirschen dazu. An besseren Tagen geht Suppe und etwas Brot oder Nudeln. Auch an ganz schlechten Tagen zwinge ich mich trotz Übelkeit und Würgen mehrmals am Tag löffelweise Haferschleim zu essen. So konnte ich zumindest einen großen Gewichtsverlust vermeiden, was mir damals bei Venlafaxin nicht gelang. Ich war schon immer ein Leichtgewicht, von daher musste ich wirklich aufpassen. Ich wiege jetzt bei 1,61m grad 52 kg. Ich hatte immer große Angst, dass ich zu viel Gewicht verliere und dann ins Krankenhaus müsste.

Am 19. Juli 2021 habe ich ja damals auf Anraten meiner Hausärztin eine große Dosisreduktion gemacht, von 20 auf 14 mg. Ich hatte damals extreme Unruhe und das Einzige was half, war Stunden auf der Terrasse hin und her zu laufen, bis ich mir wirklich Socken durchgelaufen hatte.

Das Schlimmste aber war die heftige Bewegungsstörung in meinem rechten Arm. Sie machte sich als Zwang, immer die Muskeln heftig anzuspannen und dabei den Arm zu verdrehen und auszustrecken, bemerkbar, das hat mir richtig Angst gemacht. Mit der Reduktion war die große Unruhe weniger und die Bewegungsstörung nach 3 Tagen verschwunden. Meine Hausärztin lag also richtig, aber als ich zu meiner Psychiaterin 2 Tage später ging, wollte sie nichts davon wissen. Gibt es alles nicht, ich wäre krank, ich bräuchte Paroxetin und eine Therapie. Muss man nichts mehr zu sagen.
Die Magenbeschwerden aber blieben weiter bestehen.

Es wurde auch im Dezember 2021 nicht besser, der Magen weiter ganz schlimm, die Unruhe wurde wieder stärker. Auch kam die Bewegungsstörung abgeschwächt wieder. Anfang Januar 2022 hatte ich eine kurze Besserung, weshalb ich beschloss, mich noch mal impfen zu lassen. Da ich mit Johnsen geimpft bin, hätte ich nur noch eine gebraucht und deshalb habe ich es gewagt, obwohl ich skeptisch war, weil ich wegen meines Alters nicht wählen durfte und den Moderna nehmen musste. Dieser verursacht aber viel öfter Impfreaktionen.

Am 15.01. habe ich mich dann impfen lassen und nach 8 Stunden begann mein Alptraum. Ich hatte alle Symptome, die mit 20% aufgeführt sind, über 3 Tage. Es war so heftig, dass ich es ans Paul-Ehrlich-Institut gemeldet habe. Als es mir so schlecht ging, dachte ich noch, ok, du bist ja dann mit durch aber dann hatte die Regierung einen Tag später beschlossen, dass auch mit Johnsen Geimpfte eine dritte brauchen. Das kommt für mich nicht in Frage.

Warum ich schneller ausgeschlichen habe:

Nach der großen Dosisreduktion vom 18. - 22. Juli 2021 hatte ich dann beschlossen, länger bei einer Dosis zu bleiben, weil es vielleicht nach der großen Reduktion besser wäre. Bin dann also ab 18.08.-11.12. 3 x knapp 6 Wochen bei einer Dosis geblieben. Zuerst war es auch richtig, aber dann wurde alles noch schlimmer, nachdem ich 2 mal bei 6 Wochen blieb. Habe dann noch ein drittes Mal daran festgehalten, aber es brachte nichts.

Die Magenbeschwerden wurden noch schlimmer, ich hatte jetzt keinen Tag mehr, der erträglich war. Statt dass es besser wurde, wenn ich länger bei der Dosis blieb, wurde es immer schlechter, das konnte nicht richtig sein. Ich weiß zwar, dass sich nach so einer großen Reduktion auch nachgelagert noch Symptome verstärken können, aber es hätte nach 18 Wochen ja mal besser werden müssen.

Dann kam im Dezember 2021 die Bewegungsstörung abgeschwächt zurück, sowie die verstärkte Unruhe und das machte mich stutzig. Da die Bewegungsstörung und starke Unruhe im Juli eindeutig von der hohen Dosis Promethazin kam, war meine Vermutung jetzt, dass ich durch die lange tägliche Einnahme grundsätzlich ein Problem mit Promethazin habe, ich hatte es früher nur bei Bedarf genommen. Es konnte nun auch ein Entzugssymptom sein, aber da fiel mir noch etwas ein. Die Wechselwirkungen mit Lithium. Da ich früher Promethazin nur bei Bedarf nahm, kam es wohl nicht zu Wechselwirkungen, jetzt aber beim Ausschleichen nahm ich es täglich.

Nun war guter Rat teuer. Ist es Entzug, Promethazin selbst oder Wechselwirkung? Weiter langsam ausschleichen und die Bewegungsstörung bleibt trotzdem bestehen oder schneller runter dosieren und die Bewegungsstörung verschwindet? Auf die Symptome wegen des Magen brauchte ich keine Rücksicht zu nehmen, für mich war das Entzugs- Normal.

Ich hab es also gewagt und bin ab 12. Dezember 2021 alle 4 Wochen (1 x nach 3 Wochen) in 1 mg Schritten runter gegangen. Auch Lithium habe ich noch mal am 13.12. reduziert, weil ich weitere Wechselwirkung nicht riskieren wollte. Ab Januar 2022 war die Bewegungsstörung schon weniger und seit Mitte Februar ist sie weg. Auch die Unruhe hat sich minimiert und dagegen hilft mir Rescura (Bachblüten).

Obwohl ich nun schneller ausgeschlichen habe, wurden die Magenbeschwerden etwas besser und es ging mir ab Februar 2022 insgesamt auch etwas besser. Hatte ich von Mai bis September 2021 noch 12-14 ganz schlechte Tage im Monat, waren es, als ich 6 Wochen bei der gleichen Dosis blieb, 16 ganz schlechte Tage. Im Februar waren es noch 9, März und April 8 und im Mai 7 ganz schlechte Tage. An den anderen Tagen gehen die Magenbeschwerden wieder auf ein erträgliches Maß zurück.

Am 05.06.2022 eine Woche vor Null hatte ich einen herben Rückschlag. Mir ging es 4 Tage und 2 Nächte so schlecht wie am Anfang des Entzugs. Kann sein, dass sich jetzt das schnelle Reduzieren rächt oder, was bekannt ist, eben dass das letzte mg oft ohnehin schwierig ist. Ich weiß, dass auch Rückschläge zum Entzug gehören, aber es fühlt sich eben an, als würde man zurück zum Anfang katapultiert und alles ginge von vorne los. Es fällt mir schwer, damit umzugehen.

Obwohl es schon Verbesserung gegeben hat wird die Resignation immer größer. Wenn ich merke, dass die Symptome zunehmen und weiß, was auf mich zukommt, ist mir schon vorher zum Heulen. Je länger der Entzug dauert, umso schlimmer wird es. Die Tage, die es mir besser geht, reichen einfach nicht, um mich zu erholen, die Erschöpfung nimmt immer weiter zu. Je länger der Entzug dauert, umso mehr kommt die Frage auf, ob ich jemals wieder gesund werde.

Ich frage mich oft, ob meine Familie ohne mich nicht besser dran wäre. Ich hab mir manchmal gewünscht, einfach morgens nicht mehr aufwachen zu müssen. Ich weiß, das sind nicht meine Gedanken, es ist der Entzug. Wenn diese Gedanken kommen, bin ich nur noch am Weinen, sie sollen einfach aufhören, das bin nicht ich.

Ich kann manchmal auch verstehen, dass Ärzte nicht glauben können, dass ein Medikament, das einem mal geholfen hat, so etwas auslöst. Ich kann es selbst immer noch nicht glauben, dass ich seit 14 Monaten zu leiden habe.
Ich habe Promethazin immer nur bei Bedarf genommen, hauptsächlich bei Übelkeit und als ich es dann 4 Wochen nicht genommen habe, fing das Dilemma an.

Es scheint ein Trugschluss zu sein, dass es keine Abhängigkeit gibt, wenn man es über viele Jahre nur einzelne Tage im Monat nimmt. Vielleicht spielte bei mir auch eine Rolle, dass ich schneller abhängig wurde, weil ich mehrere durch unfähige Ärzte verursachte Kaltentzüge hinter mir habe. Man weiß es nicht. Sicherlich ist der Entzug bei mir auch durch die Kaltentzüge (Kindling Effekt) schwerer und niederpotente Neuroleptika sind ohnehin schwerer auszuschleichen.

Auf der einen Seite bin ich froh, dass ich bei Null bin, mein Handy mich um 20.00 Uhr nicht mehr erinnert und mein Körper ohne Promethazin heilen kann, aber ich habe auch Angst, dass ich vielleicht noch lange leiden muss, weil ich so schnell reduziert habe. Meine größte Sorge ist, dass die andauernden Magenbeschwerden chronisch werden könnten.

Liebe Grüße
Vivi
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