Multivitamin: endlich psychopharmakafrei -19 Psychopharmaka abgesetzt (u.a. Paroxetin, Lorazepam, Lamotrigin)

Berichte von Betroffenen, die bereits Antidepressiva, Benzodiazepine, Neuroleptika (Antipsychotika) oder Phasenprophylaktika abgesetzt haben
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Multivitamin: endlich psychopharmakafrei -19 Psychopharmaka abgesetzt (u.a. Paroxetin, Lorazepam, Lamotrigin)

Multivitamin hat ihre Erfahrungen in ihrem Absetztagebuch im ADFD Forum dokumentiert. Von Ärzten wurde ihr im Laufe der Jahre Paroxetin, Venlafaxin, Citalopram, Amitryptilin, Duloxetin, Chlorprothixen, Opipramol, Pregabalin, Mirtazapin, Agomelantin, Sertralin, Lithium, Lamotrigin, Quetiapin, Lorazepam, Alprozolam, Bupropion, Promethazin, Prothipendyl verordnet. Mit ihrer freundlichen Genehmigung stellen wir Auszüge daraus hier ein.

Vorgeschichte:

Im Alter von 21 Jahren habe ich mein erstes Antidepressivum, damals Paroxetin, verschrieben bekommen. Ich war damals am Studieren und aufgrund von Stress im Studium und in der Beziehung war ich irgendwann so fertig, dass nichts mehr ging und ich ging zum Wochenendarzt, der mich gleich in eine Tagesklinik überwiesen hat. Dort bekam ich dann das Medikament. Ich wusste gar nicht, worauf ich mich da einließ und auch nicht, welche Konsequenzen noch folgen würden.

Schlussendlich nahm ich das Paroxetin 10 Jahre!!! Ich wollte öfters mal absetzen, bekam von den Ärzten aber immer zu hören "seien Sie froh, was zu haben, das Ihnen hilft und nehmen Sie es weiter". Naja, und das hab ich dann gemacht. Nach 10 Jahren hatte ich die Nase voll und es langsam selber abgesetzt. Als ich auf 0 war, gings mir sehr schlecht und ich dachte oh Gott oh Gott, du bist noch immer krank.

Ging zum Arzt und bekam Venlafaxin verschrieben. Das nahm ich dann weitere zwei Jahre. Nach zwei Jahren hatte ich das Gefühl, das Medikament helfe nicht mehr. Ich war immer öfter in nem Loch und kam immer schwerer raus. Da ich zu der Zeit bereits insgesamt 12 Jahre Medikamente nahm, habe ich völlig das Bewusstsein dafür verloren, dass ich selber der Lenker meines Lebens bin und mich in allem völlig auf die Medis verlassen. Im November 2012 war damit Schluss. Ich ging zur Ärztin, sagte, das Venlafaxin hilft nicht mehr und bekam ein Rezept für Citalopram. Dann ging das Dilemma los.

Ich vertrug das Citalopram nicht, mir ging es immer schlechter und ich ging zum ersten mal in die Psychiatrie (insgesamt war ich nun in den letzten zwei Jahren in 7 Psychiatrien und bin seit über zwei Jahren krank, eine Besserung ist nicht in Sicht). In den Kliniken wurde mit Medikamenten nur so rumjongliert.

Ich bekam nacheinander: Venlafaxin (wegen starker Suizidgedanken wieder raus), Paroxetin (selbes Spiel), Amitryptilin, Opipramol, Lyrica, Mirtazapin, Valdoxan, Sertralin, Lithium (immer alles kurz rein und nach ein paar Wochen wegen Wirkungslosigkeit oder völliger Unverträglichkeit wieder raus).

2014 wurden dann härtere Geschütze aufgefahren. Ich bekam in einer Klinik Lamotrigin, dazu Seroquel. Es ist vielleicht wichtig zu sagen, dass ich für ca. zwei Monate auch Tavor 1,0 mg / Tag bekommen habe. Nachdem dies von einen auf den andern Tag abgesetzt wurde, wurde ich schwer suizidal (ich hatte keine Ahnung, dass das evtl. vom Tavor kam und bekam daraufhin die Kombination Lamotrigin, Seroquel und Lithium. Ich hab gar nicht mehr durchgeblickt bei den ganzen Medis aber bis dahin war ich noch in dem Glauben, die Ärzte würden mir helfen wollen.

Meine letzte Medikation nach KH Entlassung war Lamotrigin 100mg, Seroquel 100mg. Unter Seroquel ging es mir so furchtbar, dass ich es nach vier Monaten alleine abgesetzt habe. Das war im September 14 und es war schrecklich. Nach dem Absetzen hatte ich schlimmste Angstgefühle und Unruhe und hab mich fast psychotisch gefühlt. Und so kam ich zum Tavor.

Ich nahm ab Oktober 1mg Tavor am Tag für ca. 8 Wochen. Anfangs fühlte ich mich besser, nach ein paar Wochen aber bereits nicht mehr und anstatt ruhiger zu werden, wurde ich immer aggressiver und unruhiger. Ich ging zum Arzt und er sagte: absetzen! Ich habe das Tavor in 0,25mg-Schritten reduziert, also erst 2 Wochen 0,75mg, dann zwei Wochen 0,5mg, zwei Wochen 0,25 und die dann noch zwei Wochen halbiert.

Bereits die Phase der Reduzierung war schrecklich. Ich war ganz furchtbar erregt, war jeden Tag im Wald, habe geschrien, geweint, mit Stöcken auf Bäume eingeschlagen. Meine ganze Kraft ging dabei drauf. Ich war ein paar Mal bei meinem Arzt in dieser Zeit und sagte ihm, ich schaffe das so nicht und er soll mich doch bitte auf Diazepam umstellen. Das hat er jedes Mal abgelehnt mit der Begründung ich nehme Tavor 1. nicht lange genug und 2. keine hohe Dosis und ein Umstellen wäre sinnlos. Und so gings halt mit Tavor weiter
Januar 2015:
Jetzt nehme ich seit 34 Tagen kein Tavor mehr und es geht mir so schlecht, dass ich nicht mehr weiß, wie ich das überleben soll. Vom Aufwachen bis zum Einschlafen. Und ich habe oft am Tag das Gefühl, dass ich jeden Moment völlig ausraste und die Kontrolle verliere. Ich pack das so nicht und weiß nicht mehr, was ich machen soll. Ich habe mich in einer Psychosomatischen Klinik angemeldet, will dort aber eigentlich nicht hin, weil sie mir dort doch auch wieder nur Medikamente geben. Ich bin in einem Teufelskreis, der kein Ende zu nehmen scheint.
März 2015:
Ich habe nach wie vor riesige Angst, diesen Entzug nicht zu packen. Bei mir halten sich die körperlichen Symptome im erträglichen Rahmen (ich habe zwar extremes Brennen in Armen und Beinen, unruhige Beine, eine starke körperliche Unruhe, Juckreiz, Taubheitsgefühle) aber das alles würde mich nicht aufgeben lassen.
Die psychischen Symptome bringen mich aber immer wieder um den Verstand und ganz vorne weg ist diese Suizidalität. Die war bis gestern so schlimm, dass ich nicht mehr wusste, wohin mit mir. Ich wollte mich ernsthaft schon selber ans Bett ketten!!!

Gestern Nachmittag hat sich das wie aus dem Nichts gelichtet und war einfach weg für den Rest des Tages!!! Und dann weiß ich auch genau, dass ich...also ICH...überhaupt nichts mit diesen Gedanken zu tun habe, sondern dass sie 100% vom Entzug sind!!! Aber wenn sie da sind, weiß ich das nicht mehr, dann weiß ich nämlich gar nichts mehr und bin absolut unfähig, überhaupt klar zu denken. Und das ist so schrecklich für mich.

Es sind ja jetzt fast drei Monate geschafft und ich frage mich, wann die Symptome in ihrer Heftigkeit endlich nachlassen. Ich weiß schon immer, wenn mein Hirn anfängt zu krampfen (so fühlt es sich auf jeden Fall an), dann kommt wieder irgendwas Heftiges. Aber wie gesagt, ich kann alles ertragen, aber nicht diese Suizidgedanken in diesem Ausmaß!!
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Re: Erfahrungsbericht Multivitamin

Juli 2015:

Ich bin jetzt fast 8 Monate Tavorfrei und habe einen Höllenritt hinter mir, den ich nicht in Worte fassen kann. Bzw., hinter mir wäre schön, ich bin noch immer mittendrin.
Was sich gebessert hat in der Zeit:

- Brennen in Armen und Beinen - nur noch sehr selten
- Augenflackern - nur noch sehr selten
- Farben, Erinnerungen und Bilder, die angeschossen kommen, sobald ich die Augen schließe - so gut wie weg
- Lieder, die nach dem Aufwachen in mein Hirn geschossen kommen und dann den ganzen Tag nicht mehr weggehen - nur mehr sehr selten
- Hirnkrämpfe - viel besser
- "Hirnnebel" - viel besser
- das Gefühl, dass der Boden unter meinen Füßen nachgibt oder dass ich auf Watte gehe - viel besser
- körperliche Erschöpfung - besser

ABER, was noch immer da und sehr sehr schlimm ist:

- Agitation - im Moment (seit Wochen) wieder so schlimm, dass ich es kaum aushalte
- Suizid"gefühl" - ich kann es nicht wirklich erklären, es ist wie ein Drang und ganz schwer auszuhalten, vor allem, weil diese fürchterliche Unruhe dazukommt
- Angst vor allem und nichts
- Körperverkrampfung und Unfähigkeit, normal zu Atmen - extrem
- Depressionen - aufgrund der völligen Verzweiflung der vorher aufgeführten Symptome

Es fällt mir so unglaublich schwer, die Symptome und meinen Zustand anzunehmen und auszuhalten. Ich merke aber, dass, je mehr ich mich gegen sie sperre, sie umso schlimmer werden. Oft hab ich das Gefühl, einfach nur zu platzen weil ich nicht mehr weiß, wie ich den Zustand länger ertragen soll.Zuhause ertrage ich es kaum. Ich muss den ganzen Tag raus und gehen, da ich die Unruhe nicht ertrage.

Und noch immer nehme ich Lamotrigin. Seit April habe ich meine Ursprungsdosis von 100mg auf nun 85mg reduziert. Ich gehe monatlich um 5mg runter. Das bedeutet, dass ich in 17 Monaten erst auf null bin, würde ich so weitermachen. Ich WILL es nicht mehr nehmen. Ich habe überhaupt keinen Schimmer, was es bewirkt!!!!! Ich hab solche Angst, dass es auch noch seinen Teil zu meinen Symptomen dazugibt und sie verschlimmert.

Die Unruhe hat sich allerdings in den letzten Wochen wieder sehr verschlimmert und jetzt denke ich, nicht dass das daran liegt, weil ich das Lamotrigin absetze. Es ist verzwickt!!!! Aber ich will endlich endlich endlich heilen können und den ganzen Dreck aus mir raushaben (im Moment ist es allerdings schon wieder so schlimm, dass ich täglich dran denke, mit Diazepam zu beginnen, einfach, weil ichs kaum ertragen kann, was jetzt seit einigen Wochen wieder los ist). Ich könnte anfangen zu heulen, bei dem Gedanken daran, dass das alles nicht sein MÜSSTE, hätte ich die Möglichkeit gehabt, das Tavor "vernünftig" und nicht quasi kalt - abzusetzen.
September 2015:
und nun ist es soweit: ich kapituliere. Am 1.9. hatte ich einen kompletten Zusammenbruch, der sich schon ca. 3 Monate lang angekündigt hatte. Ich war immer unruhiger und flatterhafter, wollte ständig "weg", wusste aber nicht wohin, hab mich und mein Umfeld in den Wahnsinn getrieben. Grund war wohl meine Beziehung, die ich so sehr haben wollte, die mich aber (ohne Grund) so gestresst hat, dass ich ständig einen drüber war und einfach nicht mehr runter kam. Am 1.9. kam dann die Bruchlandung. Absolut NICHTS ging mehr. Ich bin seitdem nur noch im Bett, in meinem Kopf ist es so laut, dass ich sicher bin, durchgedreht zu sein, hab ein ständiges Hämmern im Kopf, kann zum ersten Mal überhaupt nachts nicht mehr schlafen, mein Hirn ist durchgedreht. Alles, was ich höre oder lese, wird in meinem Kopf tausend Male wiederholt, Gedanken schießen nur noch gänzlich ungefiltert auf mich ein, ich kann nicht mehr spazieren gehen, ertrage weder PC noch Musik, ich kann mich nicht mal mehr zu meiner Familie in die Küche setzen, weil alles, was ich höre, zu viel ist und ich nur heulen und schreien kann.
November 2015:
Theoretisch weiß ich ja, dass diese ganzen Gefühle, Gedanken und Emotionen nicht wirklich meine sind sondern sehr sehr entzugsgefärbt. ABER!!!! Ich vergesse es IMMER WIEDER!!! Weil sich all das so echt anfühlt und nunmal da ist und nichts anderes ist da und weil es im Moment ganz besonders schlimm ist etc. etc.

Mit Schmerzen meine ich, dass mir mein Hirn weh tut. Keine Kopfschmerzen. Ich habe das Gefühl, als wäre mein Gehirn angeschwollen und drückt von unten gegen die Schädeldecke. Das Gefühl hatte ich ganz zu Beginn des Entzuges, aber Gott sei Dank nicht lange. Seit meinem Zusammenbruch ist es ununterbrochen da. Es wird dann auch schlimmer, sobald ich z.B. hier schreibe, irgendetwas lese oder doch mal mit einem Auge Richtung Fernseher schiele.
Und dazu hab ich ständig dieses Klopfen. Ich nehme an, das ist der Pulsschlag, im Hinterkopf. Beim Liegen ist das fast unerträglich. Und das will sich einfach nicht mehr beruhigen.
Wenn es mir nicht so schlecht gehen würde, wär ich längst beim Arzt gewesen (was ne Logik!).

Dezember 2015:
Und wovon es nun auch immer ist (ich war ja die letzten 3 Jahre ne richtige Laborratte, was das Austesten verschiedenster Psychopillen angeht), was ich noch immer an Symptomen habe, jetzt fast 13 Monate nach dem Benzo und 16 Monate nach allem anderen, ist zum Kotzen. Als da wären:

- DP/DR: ich wandel durch die Welt und fühle mich mit absolut NICHTS mehr verbunden. Wenn ich mich zufällig mal im Spiegel sehe, denke ich "huch..ach ja, ne, bist ja du...so siehst du also aus", aber zu tun hab ich mit mir nichts

- relativ neu in der Liste sind die Paranoia....ich hab schon oft gedacht, schlimmer kanns einfach nicht kommen, aber falsch!!! Schlimmer kann es nämlich IMMER kommen. Diese Ängste sind das absolut alleraller Grausamste, was ich mir nur vorstellen kann. Jeder will mir was. Selbst meine Familie, die mich seit 3 Jahren durch die Hölle tragen und ALLES tun, um mir zu helfen.
Diese massiven Ängste haben sich allerdings peu a peu nach meinem Zusammenbruch (oder was immer es auch war) eingeschlichen und werden nun immer schlimmer. Und noch immer ist es so, dass ich -seit dem Zusammenbruch- nicht das klitzekleinste Bisschen an "Stress" ertrage. Wobei das mit tatsächlichem Stress gar nichts zu tun hat.
Einfach ALLES macht mir Stress und schwupps, denke ich, ich breche wieder zusammen (dem großen Zusammenbruch mit Pauken und Trompeten sind auch ca. 3 kleinere gefolgt). Das wird dann sowas von laut in meinem Kopf und meine Gedanken rasen und rasen ohne dass ich auch nur den Hauch einer Chance habe, irgendwas anzuhalten oder positiv dagegen anzureden.

- Schlafen ist auch nach wie vor scheiße (hatte ich vor dem Zusammenbruch NIE, in keiner Phase des Entzugs); ich lieg nachts stundenlang im Bett und es rast und rast und rast im Kopf und hört einfach nicht auf

- dann dieses Pochen im Kopf seit vier Monaten

- naja, und dann der Rest, der vor dem Zusammenbruch auch schon da war.

Ums kurz zu machen: es geht mir kein Stück besser, dafür seit 4 Monaten umso schlechter und Unterstützung ist nun auch keine mehr da (was ich mir allerdings selbst ausgesucht habe). Ich bin der Meinung, es wird langsam aber sicher mal Zeit für ein Wunder!!!!
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Spatz
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Re: Erfahrungsbericht Multivitamin

August 2016
...ich stecke fest. Und wenn ich schon nicht weg komme bzw auch unabhängig davon, wann ist denn der Zeitpunkt richtig, um das lamotrigin weiter abzusetzen? Ich sitze nun seit einem Jahr (seit dem Zusammenbruch) auf diesen 77.5 mg (bzw bin ich ca 1 mg runter vor ein paar Tagen). Ich habe jetzt so lange gewartet in der Hoffnung, mich zu stabilisieren aber bei aller Liebe, das passiert nicht und ich habe die SCHNAUZE VOLL.

Das ist ein weiteres ewiges Thema, was mich wahnsinnig macht. Ich hab so Angst, was falsch zu machen aber pfffff....es wird ja nicht besser (ok, es geht mir jetzt nicht mehr ganz so grauenvoll wie im September und die folgenden Monate, da ging ja einfach GAR nix mehr) aber ich bin ununterbrochen sehr sehr grenzwertig unterwegs und denke täglich mehrmals, das war jetzt wieder.
Ich habe so eine Angst, dass das lamotrigin meine Symptome noch anheizt...gleichzeitig habe ich den allergrößten Respekt vor dem Klopfen und Pochen, was ich beides auf ein Nervensystem an der äußersten Grenze zum Dichtmachen respektive Durchdrehen interpretiere.

Ich weiß schon gar nicht mehr, was stabil sein überhaupt bedeutet. Wie wahrscheinlich ist es denn, dass ich durchdrehe, zusammenbreche oder sonstwas, wenn ich in 2.5mg Schritten reduziere?

Dieses Chaos in meinem Kopf...ich will es einfach nicht mehr. Ich WILL es nicht mehr.
Dieses ständige Gedanken machen und auf nix kommen....einfach KEINE klaren Entscheidungen treffen können, weil alles nur rast und weil hinter jedem Gedanken ein "ja aber" kommt....
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Re: Erfahrungsbericht Multivitamin

Juli 2018:
Nach vier Wochen mit meiner Mutter habe ich gesagt sie muss nach Hause fahren (weil ich ernsthaft Angst hatte, ihr körperlich was anzutun und zwar nicht, weil sie irgendwas gemacht hätte...das hat sie ganz und gar nicht...sondern weil meine obsessiven Gedanken und Zwangsgedanken sich so sehr an diesem Thema festgefressen haben).
Hat sie auch getan...dann gings los. Ich bekam nicht-epileptische/Dissoziative Krampfanfälle, jeden Tag, mehrmals, teilweise über Stunden. Ich bin wie ferngesteuert jeden Tag aufs Feld marschiert, habe dort gesessen und es zittern lassen...von Kopf bis Fuß. Ich hatte Todesangst aber ich wusste, wenn ich es NICHT zulasse, das ganze Zittern und Beben, dann würde mich das umbringen.

Nach ein paar Monaten wurde es langsam besser. Aber im Ganzen geht es mir überhaupt nicht besser. Ganz und gar nicht. Ich stecke noch immer in diesem Schockzustand fest. Das alleine leben ist eine absolute Katastrophe. Meine Tante bringt mir einmal die Woche meinen Einkauf und eine Freundin meiner Mutter (ich kenn hier kein Schwein mehr) hilft mir, wenn ich was brauche (momentan nimmt sie meine Wäsche zum Waschen mit und ich könnte vor Scham im Boden versinken aber ich bekomms nicht hin, in den Keller zu gehen und selber zu waschen).

Meine psychischen Symptome sind seit September letzten Jahres (da fing das Schockgefühl an) schlimmer als eh und je. Vorneweg die Obsessionen, Zwangsgedanken, ANGST (völlig irrational...vor Bäumen, vor Tönen, vor meiner Katze, vor Stiften und am meisten vor meinen eigenen Gedanken), die Agitiertheit und das ständige Zappeln, Unfähigkeit zu sitzen (nur liegen oder gehen geht).

Sozial bin ich völlig isoliert. Ein Tag ist wie der andere. Ich bin nur alleine aber mit mir selber in ausgesprochen schlechter Gesellschaft, da dann ein kranker Gedanke den nächsten füttert und der den nächsten usw. Es "steckt" einfach in meinem Kopf und ich weiß nicht ob das ne Psychose ist oder mentale Akathesia aber es ist NICHT normal und NICHT gut.

Letzten Monat habe ich dann auch mal wieder das Lamotrigin angepeilt. Ich hänge noch immer drauf. 72.25 Gott VERFLUCHTE mg. Ich hab dann im Mai 2x 0.25mg und dann nochmal ganz mutig 2x 0.5mg abgesetzt. Dachte, das ist ja nicht viel. Denkste. Ich kam mir vor wie in nem Kaltentzug von 100mg Tavor. Jetzt bin ich wieder 1mg hoch und versuche, mich zu "stabilisieren". Es ist mir klar, dass das nicht mehr passieren wird. Es ist nur unfassbar, dass es tatsächlich NOCH schlimmer sein kann, als es das sowieso schon (noch immer und seit 10 Monaten wieder anders und wieder schlimmer) ist.

Ich sags wie es ist....im November sind es 6 Jahre; 3 Jahre und 7 Monate ohne Benzo und den ganzen anderen Kram. Es ging mir in B. zwischenzeitlich erträglicher (nie gut aber erträglicher). Das alles hier MUSS ein Ende haben. Dieser Schockzustand kommt von Lebensumständen, die während des Entzuges zuviel für meinen Kopf waren und sind. Ich bin kognitiv so massiv eingeschränkt, ich steh oft ne halbe Stunde vor dem Kühlschrank und bin unfähig, die Sachen zu finden, die ich für nen Salat brauche (und das ist tatsächlich so).
September 2018:

Ich glaube mittlerweile, dass das Lamotrigin mein Hauptproblem ist. Ich bin völlig gekindled und mein Hirn verträgt einfach die Pillen nicht mehr. Meine Symptomatik wird immer schlimmer und meine Unruhe, Akathesia, Agitiertheit, Gehirnkrämpfe, nicht-epileptische Krampfanfälle, inneres Zittern, Gedankenrasen...eigentlich alles, wird immer schlimmer. Dieses ununterbrochene innere Zittern im Bauch, Oberkörper und Armen ist auch relativ "neu".
Und in meinem Gehirn bleibt alles stecken...bin unfähig zu denken, unfähig, Kontakt zu Menschen zu haben, weil ich ständig so eine riesige Wut in mir habe, dass ich Angst hab, bei der kleinsten Gelegenheit auszuflippen oder völlig durchzudrehen.

Nach fast 4 Jahren Benzo & Co. auf 0 ist das doch nicht mehr normal!?!?!?!?!?!?
Die 19 Medikamente, auf denen ich von 2013-14 irgendwann mal war, hab ich allesamt kalt abgesetzt, sobald ich gemerkt habe, mir gehts schlecht davon und ich würds wieder tun.....wenn da dieses Klopfen nicht immer noch wäre. Und das ist einfach das Symptom, von dem ich aus Erfahrung weiß, dass es sehr sehr wichtig ist, das nicht zu reizen und nochmal so schlimm werden zu lassen, wie vor 3 Jahren. Dann wäre nämlich Schicht im Schacht. Nochmal überlebe ich diesen Zustand nicht.
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Re: Erfahrungsbericht Multivitamin

August 2021:


Zunächst, und am allerallerallerallerwichtigsten: Ich bin heute auf den Tag genau 2 Jahre pillenlos!!!!!!!!!!! Kein Lamotrigin mehr. Nichts mehr. Nada. Genaugenommen heißt es eher: kein Paroxetin, kein venlafaxin, kein Amitryptilin, kein Valdoxan, kein Elontril, kein Sertralin, kein seroquel, kein Atosil, kein Xanax, kein Tavor, etc. etc. und kein verfluchtes Lamotrigin mehr. Aber wie kam es schlussendlich dazu?

Das Lamotrigin hätte mich 2019 um ein Haar umgebracht. Es war das letzte Teufels*medikament* aus einer Reihe von insgesamt 19 Teufels*medikamenten*, die ich zwischen 2013 und 2014 eingenommen habe woe Smarties (immer verschrieben von Ärzten wohlgemerkt).

Ich dachte, schlimmer als ein Benzoentzug, den ich Ende 2014 durchlebt habe, kann auf dieser Erde nichts sein, und wurde eines besseren belehrt. Von 2014 bis 2019 nahm ich also das Lamotrigin und dachte die erste Zeit, es sei ein harmloses Medikament, da ich absolut keine Nebenwirkungen hatte, die ich sonst immer sofort spürte bei den ganzen anderen Pillen. Nach 1 Jahr Einnahme hab ich den 1. Absetzversuch gestartet und der hat in nem riesigen Crash geendet, der so schrecklich war, dass ich nochmal 3 Jahre brauchte, um es wirklich abzusetzen, wobei ich davon die letzten 2 Jahre verrückt war von dem Medikament selbst und das letzte Jahr der Einnahme hab ich mit 0.25mg Reduktionsschrittchen verbracht, die mich nirgendwo hingeführt haben.

Aber ich war so so krank von diesem L. Sämtliche Lymphe waren geschwollen, ich war gelb und wurde immer gelber, ich konnte meine Augen nicht mehr bewegen sondern nur novh geradeaus starren. Ich konnte kaum noch gehen, wurde immer dicker, hab immer schlimmere Paranoia bekommen, niemand durfte mehr zu mir kommen, etc. etc. etc.
Am Ende war ich an dem Punkt, dem Ganzen ein Ende zu setzen und hatte das 1. Mal wirklich einen konkreten Plan, weil ich mich einfach so zerstört gefühlt und keinen Weg mehr raus gesehen habe. Ich rief meine einzig verbliebene Freundin an und hab ihr meinen Plan mitgeteilt, dass ich aufgebe, weil mich das Lamotrigin umbringt, ich es aber einfach nicht davon runter schaffe, und sie sagte, Umbringen is nicht und jetzt wird der Scheiß abgesetzt und zwar schnell.... und so hab ichs dann gemacht und war nach 11 Tagen auf 0.

Nie im Leben hätte ich gedacht, dass es klappt, aber irgendwie hat es das und für mich war das schnelle Absetzen am Ende der absolut EINZIGE noch überlebbare Weg. Die Zeit danach war allerdings der absolute Horror. Lamotrigin ist ein Antiepileptikum, dass lediglich off label gegen alles mögliche andere Gedöns verdchrieben wird.

Ich hatte vor der Einnahme nie einen epileptischen Anfall, aber mit den großen Reduktionen gings los. Die ersten Monate hatte ich tägliche Anfälle und sehr sehr sehr viele weitere schreckliche Symptome wie
- Paranoia wurde noch schlimmer
- massivste Überempfindlichkeit gegen Geräusche und Licht
- Agitiertheit
- Schlaflosigkeit und massives Schlafbedürfnis im ständigen Wechsel
- unfähig, zu gehen
- riesiger Blähbauch
- ständiger fight or flight modus

Ich habe meine Tage mit Stricken und Hörbüchern überlebt. Niemand durft zu mir und niemand durfte mich anrufen. Meine Mutter hat glaube ich täglich damit gerechnet, dass es nicht gut ausgeht...

Nach 8 Monaten hqb ich mich gefühlt, als wäre ich keinen Schritt weiter. Nach jeder Zigarette hab ivh mich komplett irre gefühlt, also hab ich das Rauchen aufgehört. Dann hab ich mich plötzlich durch und durch vergiftet gefühlt, ein Gefühl, dass ich NIEMANDEM wünsche. Ganz ganz furchtbar. Als nächstes bin ich zum Zahnarzt und hab meine verbliebene Amalgamfüllung samt Zahn ziehen lassen. Ich willte absolut NICHTS mehr in meinem Kötper haben, was auch nur im entferntesten meine Entgiftung bremsen bzw. mich noch weiter vergiften könnte.

Meine Ernährung habe ich schon vorher auf *gesund* umgestellt, hinzu kamen dann noch Kaffeeeinläufe, PBX zur Entgiftung des Gehirns, Mariendistel (über lange Zeit habe ich nicht mehr als das vertragen. Jedes Supplement oder Vitamin gab mir das Gefühl, sofort wieder bis unters Dach vergiftet zu sein... das ist noch immer nicht weg und ivh kann NEMs nur sehr sehr vorsichtig probieren und einnehmen), viel viel viel gutes Wasser trinken, Apfelessig, basische Bäder, Bioresonanztherapie und einiges mehr.

Ich habe eine sehr massive Entgiftungsstörung und massive Schwächung der Mitochondrien und praktisch gar keine Kraft mehr. Ich spüre noch immer das Gift in meinem Gehirn stecken aber ich spüre auch, dass es schon sehr viel weniger ist als es mal war. Ich komme ganz ganz langsam wieder zu mir. Es wird noch dauern aber es geschieht. Heilung geschieht.

Ich denke nicht, dass es eine Steigerung gibt von dem Leid, das ich durchleben musste und ich denke ebenfalls nicht, dass es möglich ist, auf dem Weg in die Freiheit und zurück zur Gesundheit mehr falsch zu machen, als ich es getan habe. Ich habe nicht ein einziges Medikament langsam abgesetzt. Es gab mir mir nur schnelle Wechsel, schnelle Absetzen und kalte Entzüge.
Und doch ist es machbar.

Ich bin so unendlich stolz auf mich. Ich bin mein größter Held und habe niemals einen stärkeren Menschen als mich getroffen. Seit etwas über 4 Monaten habe ich einen neuen besten Freund. Sein Name ist Bohne, er ist ein feuriger Grieche aus dem Tierschutz und nein riesiger Hunde-Lulatsch-Freund. Mit ihm werde ich über meine geliebten Felder und Wiesen laufen. In die Freiheit. Noch bin ich nicht da, aber jetzt gibt es nichts mehr, was mich aufhält.
ENDLICH!!!

Das wollte ich euch nur mitteilen und wer immer gerade denkt, er schafft es nicht und es hört nie auf und die Qualen sind einfach zu schlimm.... atmet einfach immer weiter. Es bleibt nicht so!!!! Lasst es alles über euch ergehen aber gebt niemals auf. Es wird besser....und am Ende hört es auf.

Liebe Grüße
Multi
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