Willkommen im PsyAb-Forum,

Hier findest du allgemeine Informationen zum Forum: Allgemeine Informationen zum Forum
Um im Austauschbereich mitlesen zu können, ist eine Registrierung erforderlich: Registrierungsanleitung
Um selbst aktiv am Austausch teilzunehmen, müssen sich neue Teilnehmer nach erfolgreicher Registrierung zunächst in einem eigenen Thread vorstellen: Wichtige erste Informationen für neue Teilnehmer

-----

Das Forum ist von 28. März bis einschließlich 7. April 2024 für Registrierungen deaktiviert. Die Freigabe der neuen Beiträge erfolgt zeitverzögert. Das Team nutzt die Zeit über die Feiertage, um selbst etwas zur Ruhe zu kommen.
Bitte achtet gut auf euch, unterstützt euch gegenseitig und wenn es Probleme gibt, meldet die entsprechenden Beiträge.

Wir wünschen euch entspannte und erholsame Feiertage!

Liebe Grüße,
Das PsyAb Team


Dieser Text kann durch Klicken auf das X rechts oben in dieser Textbox ausgeblendet werden.

Erfahrungsbericht Courage: Ambulanter Diazepamentzug nach Ashton

Erfahrungsberichte von Betroffenen, die bereits Psychopharmaka abgesetzt haben
[für alle Benutzer und Gäste sichtbar]
Antworten
Team PsyAb
Team
Beiträge: 624
Registriert: vor 2 Jahre

Erfahrungsbericht Courage: Ambulanter Diazepamentzug nach Ashton

Der folgende Erfahrungsbericht wurde aus dem Bericht den Courage für das ADFD Forum verfasst hatte, zusammengestellt, leicht editiert und mit ihrer freundlichen Erlaubnis eingestellt.

Vorgeschichte:

Ich bin als langjährige (Rücken)schmerzpatientin zu verschiedenen Benzos gekommen, sie sollen als Muskelrelaxans wirken. Ab 1994 tägliche Einnahme von ca. 10 mg, im letzten halben Jahr der Einnahmezeit 20-30 mg/Tag.
Durch Toleranzentwicklung im Laufe der letzten Einnahmejahre immer mehr Probleme, Nervosität, starke Überreiztheit, innere Unruhe, Erschöpfung, Depressionen, Ängste, Stimmungsschwankungen.

Da ich den Eindruck hatte, dass sich ab einer gewissen Dosis (20 mg Diazepam) Depressionen einstellen oder verstärken und habe ich mich entschlossen, es mal mit langsamem Ausschleichen zu versuchen.

Entzugsbericht

Seit 1.8.11 bin ich auf NULL :D , abgesetzt in gleichmässigen Schritten von 0,5 mg, durchschnittlich 3 Wochen bis zum nächsten Reduzierschritt gewartet, ab 2 mg waren nur noch Abstände von 1 Woche nötig, die Beschwerden wurden immer geringer, je niedriger die Dosis wurde.

Wichtigster Punkt: Stress vermeiden, dazu VIEL Ablenkung, die aber sportlich nicht ÜBERfordern sollte. Möglichst den Blick von sich wegnehmen, nicht zu sehr auf irgendwelche Absetzprobleme warten. Bei mir kamen sie am 4. und 5. Tag nach Reduzierung, meist in Form von erhöhter Unruhe, nächtliches Schwitzen, starker Herzschlag, war aber bei MIR alles psychosomatisch und verschwand schnell, wenn ich mich vor Stress abschirmte.

Kurzfristig gab es Schlafprobleme, ich wachte dann gegen 4 Uhr morgens auf, verging aber so schnell, dass es kein wirkliches Problem wurde.

Anspannungen spürte ich verstärkt im Kiefer (Zähne stark aufeinanderbeissen), das ist inzwischen auch verschwunden.

Ein Kennzeichen, dass ich ZU SCHNELL beim Absetzen wurde, war meist, dass ich plötzlich total überdreht LUSTIG wurde, Lachanfälle bekam, klingt witzig, war es auch an den Tagen, aber dann kam verstärkte Unruhe und GEWITTER im Kopf auf, also wieder langsamer abgesetzt.

Man lernt im Lauf der Monate, auf bestimmte *Befindlichkeiten* zu hören und kann immer besser damit umgehen.
Bei mir war wichtig, dass ich durch das langsame Absetzen nach dem ASHTON MANUAL wusste, dass mir nichts passieren kann, es drohten keine Krampfanfälle, von massiven Angst-oder gar Panikattacken blieb ich dadurch auch verschont.

Bei langjähriger Einnahme sollte man der Gehirnchemie unbedingt entsprechende Zeit beim Absetzen lassen, ich kann durch diese Absetzweise nur berichten, dass es viel, viel leichter war, als ich je gedacht hatte. Aber es waren 11 Monate, wobei mir diese Art des Abdosierens am Anfang unendlich lange vorkam, aber mit jedem mg weniger wurde es unwichtiger, wie LANGE ich brauche, wichtig war nur noch, dass ich DURCHHALTE mit möglichst geringen Beschwerden.

Nun danken mir mein Körper und meine Psyche diese Geduld, mir geht es bestens und VIEL BESSER als unter Benzos :D . Etliche Jahre plagte ich mich mit zunehmenden Ängsten, Depressionen, Aggressionen und Erschöpfungszuständen herum, heute weiss ich, dass das alles durch die TOLERANZentwicklung von Diazepam ausgelöst wurde.
Heute habe ich wieder viel mehr Kraft, Probleme durchzustehen, ich kann wieder auf MICH vertrauen, die Welt ist heller, auch viel bunter geworden, meine früheren *komischen* Stimmungen, die mir oft innere Leere vorgaukelten, sind verschwunden.

Natürlich hat auch die Psychotherapie ihren Anteil am Wohlbefinden, wobei ich heute aber auch noch weiss, wieviel Anteil das Benzo am früheren Zustand hatte, denn es war einfach zu deutlich, wie es mir psychisch auch mit immer geringer werdender Benzodosis besser ging. Ursächlich nahm ich das Diazepam ja als Muskelrelaxans und nicht wegen Ängsten oder anderer psychischer Probleme, die entstanden dann erst durch die Toleranzentwicklung. Mir half die Therapie während der Absetzzeit sehr, u.a. auch, um mit der Situation, dass mein Bruder schwerst an Krebs erkrankt ist, auch ohne Benzos besser umgehen zu können.
Ich habe allerdings das Glück gehabt, eine sehr gute Therapeutin zu finden, die nicht nur stur nach Plan gearbeitet hat, sondern mir auch oft in ganz aktuellen Situationen half, ich konnte sie jederzeit anrufen, so etwas findet man nicht leicht.

Sie plädierte von Anfang an dafür, das Benzo abzusetzen, sie ist wohl eine der wenigen, die um die negativen psychischen Auswirkungen bei Langzeiteinnahme Bescheid weiss, sie wollte auch keinesfalls den Einsatz eines Antidepressivums um *vielleicht* auftretend Absetzbeschwerden zu deckeln.
Ich nahm ungefähr 5 x in der ganzen Zeit je 50 mg Opipramol, es beruhigte mich etwas, wenn es ganz schlechte Nachrichten von meinem Bruder gab, aber mit immer geringer werdender Benzodosis bekam ich die eigene Stärke zurück. Zu jedem Leben gehören auch traurige Nachrichten, Sorgen und Probleme holen uns wohl alle irgendwann ein, dann wünsche ich JEDEM, dass er eine solche Therapeutin wie ich findet, die solche Gefühle als NORMAL empfindet und nicht gleich durch Psychomedikamente als behandlungsbedürftig.

Wer ursächlich Benzos zur Beruhigung von Ängsten, Problemgedanken etc. verschrieben bekam, sollte nach MEINEM Empfinden auf jedenfall therapeutische Hilfe suchen.

Ich hoffe, ich kann jedem, der seit Jahren Benzos einnimmt, Mut machen, das Absetzen zu wagen, ES LOHNT SICH und ist sehr gut machbar, wenn man GEDULD, mein Mantra während dieser ganzen Monate, als erstes Gebot betrachtet.

Auch nach LANGJÄHRIGER Einnahme ist ganz sanftes Absetzen möglich u. sehr gutes Wohlbefinden erreichbar. Man muss absolut keine Angst davor haben, die nötige GEDULD ist allerdings Voraussetzung. STRESS wirkt sich verstärkend auf Absetzbeschwerden aus, ebenso zuviel Sport.

Ergänzung:

Im April 2012 nahm ich nach 8 völlig benzofreien Monaten aus privaten Gründen für 4 Wochen erneut als Muskelrelaxans und etwas Entspannung 10 mg/Tag Diazepam. Setzte sie danach in 2,5 mg Schritten pro Woche PROBLEMLOS ab und habe bisher keinerlei Folgesymptome.
MEIN Fazit: Besteht KEINE psychische Abhängigkeit oder Kontrollverlust, kann man nach einigen Monaten ein Benzo als BEDARFSmedikament für KURZE Zeit anwenden, ohne dass erneute körperliche Abhängigkeit entsteht, 4 Wochen sind aber grenzwertig, da würde ich trotz problemlosem EIGENEM Absetzen zur Vorsicht raten, je kürzer der Bedarf, je besser.

liebe Grüsse
Courage
Folgende Benutzer bedankten sich beim Autor Team PsyAb für den Beitrag (Insgesamt 4):
Petunia, Luthien, Lamalein, Sunshine71
Antworten