Link zur Studie
Für diese wissenschaftliche Arbeit analysierten die Forscher um Miriam Boland Freitextkommentare von Teilnehmenden einer internationalen Online Umfrage zu Ansichten und Erfahrungen zum Reduzieren und/oder Absetzen von Psychopharmaka. Die Kommentare wurden von Personen mit Erfahrungen mit der Einnahme und/oder dem Absetzen von Psychopharmaka (77 %), deren Familienangehörige/Betreuer/Unterstützer (10 %) sowie Gesundheitsfachkräfte (13 %) verfasst. Anhand dieser Kommentare wurden 8 Themenkomplexe identifiziert und ausgewertet, die für die Teilnehmenden von besonderer Bedeutung waren. In der Originalarbeit werden einige der Kommentare zitiert.
Nachfolgend die Übersetzung der Zusammenfassung (Abstract) und der Auswertung der 8 Themenkomplexe:
Abstract
Einleitung
Trotz des deutlichen Anstiegs der Verschreibungen von Psychopharmaka in den letzten Jahren bestehen viele Unsicherheiten hinsichtlich des Prozesses der Reduzierung und des Absetzens dieser Medikamente. Im Rahmen einer Studie der James Lind Alliance Priority Setting Partnership (PSP) wurden die zehn wichtigsten Forschungsschwerpunkte zur Reduzierung und zum Absetzen von Psychopharmaka ermittelt. Als Teil der PSP-Studie wurde eine Online-Umfrage durchgeführt, in der die Befragten gebeten wurden, ihre Ansichten und Erfahrungen zum Reduzieren und/oder Absetzen von Psychopharmaka in Form von Freitextkommentaren einzureichen. Ziel dieser Studie war es, eine beschreibende Analyse dieser Freitext-Antworten durchzuführen.
Methoden
Es wurde eine qualitative beschreibende Analyse der Antworten durchgeführt, die im Rahmen der Online-Umfrage eingereicht wurden, die über soziale Medien, Newsletter und E-Mails verbreitet wurde. Die Antworten wurden von drei Interessengruppen eingereicht (d. h. Personen mit Erfahrungen mit der Einnahme und/oder dem Absetzen von Psychopharmaka, Familienangehörige/Betreuer/Unterstützer und Gesundheitsfachkräfte). Alle Umfrageantworten wurden heruntergeladen, gesichtet und mithilfe einer Vorlagenanalyse ausgewertet. Anhand von Antwortbeispielen wurde schrittweise eine Kodierungsvorlage entwickelt, die dann von den unabhängig voneinander arbeitenden Forschern auf die Antworten angewendet wurde.
Ergebnisse
Insgesamt enthielten 705 Antworten zusätzliche Kommentare im Freitextformat, von denen 483 als relevant eingestuft wurden. Es wurden sechs Hauptthemen identifiziert: (1) Erfahrungen mit Psychopharmaka, (2) Herausforderungen beim Reduzieren/Absetzen von Psychopharmaka, (3) Strategien zum Reduzieren/Absetzen von Psychopharmaka, (4) Ergebnisse des Reduzierens/Absetzens von Psychopharmaka, (5) emotionaler Kontext und (6) Verbesserungsmöglichkeiten.
Fazit
Diese Studie hat zahlreiche Herausforderungen identifiziert, denen die Befragten beim Absetzen von Psychopharmaka gegenüberstehen, darunter die Unsicherheit hinsichtlich der besten Absetzstrategie und die emotionalen Auswirkungen der Einnahme und/oder des Absetzens von Psychopharmaka. Die Ergebnisse unterstreichen auch die Bedeutung der Unterstützung während des Absetzprozesses, insbesondere der psychosozialen Unterstützung, und zeigen Bereiche auf, die zur Verbesserung des Entzugsprozesses gezielt angegangen werden könnten.
Beitrag von Patienten oder der Öffentlichkeit
Es wurde eine internationale Lenkungsgruppe eingerichtet, um die PSP-Studie gemäß den Leitlinien der James Lind Alliance und den Grundsätzen der Patienten- und Öffentlichkeitsbeteiligung zu überwachen und zu leiten. Patienten- und Öffentlichkeitsgruppen waren in der Lenkungsgruppe vertreten und gehörten zu den drei wichtigsten Interessengruppen (d. h. Menschen mit Erfahrungen mit der Einnahme und/oder dem Absetzen von Psychopharmaka, Familienangehörige/Betreuer/Unterstützer und Gesundheitsfachkräfte), die während der gesamten Studie einbezogen wurden.
Auszugsweise Übersetzung:
3 Ergebnisse
3.1 Kennzeichen der Umfrageteilnehmer
[..........]
3.2 Qualitative Ergebnisse
[.........]
3.3 Thema 1: Erfahrungen mit Psychopharmaka
Dieses Thema konzentrierte sich auf die Erfahrungen der Befragten mit Psychopharmaka und wurde in zwei Unterthemen unterteilt.
3.3.1 Wahrgenommene Vorteile/Nachteile der Einnahme von Psychopharmaka
Mehrere Befragte gaben an, von Psychopharmaka zu profitieren. Zu den wahrgenommenen Vorteilen gehörten eine verbesserte Funktionsfähigkeit, Lebensqualität und Genesung.
Insgesamt berichteten die Befragten häufiger über negative Erfahrungen mit der Einnahme von Psychopharmaka als über positive. Die berichteten Nachteile stehen in erster Linie im Zusammenhang mit medikamentenbedingten Nebenwirkungen. Einige Befragte aus dem Gesundheitswesen hinterfragten die Wirksamkeit von Psychopharmaka, ihre mögliche Überverschreibung und ihre möglichen negativen Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden des Einzelnen.
3.3.2 Entscheidungen zu der Reduzierung/dem Absetzen von Psychopharmaka
Nebenwirkungen waren der Hauptgrund dafür, dass die Befragten aus der Gruppe der Betroffenen ihre Psychopharmaka reduzierten/absetzten. Diese reichten von Kopfschmerzen und Übelkeit bis hin zu Suizidgedanken. In einigen Fällen waren die Befragten der Meinung, dass sie keine Psychopharmaka mehr benötigten oder dass diese ihnen nicht mehr halfen.
Die Befragten aus der Gruppe der Betroffenen gaben an, dass Angst ein wesentliches Hindernis für die Reduzierung/das Absetzen von Psychopharmaka sei. Dazu gehörten die Angst vor dem Absetzprozess, Entzugserscheinungen und Rückfällen. Im Gegensatz dazu gaben die Befragten aus dem Gesundheitswesen an, dass es aufgrund der verzerrten Informationen, die sie über die Sicherheit und Wirksamkeit von Psychopharmaka erhalten hatten, das größte Hindernis sei, die Betroffenen dazu zu bewegen, eine Reduzierung/das Absetzen von Psychopharmaka in Betracht zu ziehen.
3.4 Thema 2: Herausforderungen beim Reduzieren/Absetzen von Psychopharmaka
Dieses Thema konzentrierte sich auf die Herausforderungen beim Reduzieren/Absetzen von Psychopharmaka und wurde in vier Unterthemen unterteilt.
3.4.1 Mangelnde Unterstützung/Anerkennung von Entzugssymptomen
Viele Befragte aus den Betroffenen- und Unterstützergruppen waren mit der Verfügbarkeit und Zugänglichkeit von Unterstützung bei der Reduzierung der Medikamentendosis unzufrieden, insbesondere mit der Unterstützung durch medizinisches Fachpersonal. Einige Befragte stießen auch auf Widerstände seitens der verschreibenden Ärzte, die Psychopharmaka zu reduzieren/abzusetzen. Andere berichteten von Schwierigkeiten, mit den verschreibenden Ärzten über Entzugssymptome zu sprechen, darunter mangelnde Anerkennung oder mangelndes Bewusstsein für Entzugssymptome.
Die Zurückhaltung von medizinischem Fachpersonal, Psychopharmaka zu reduzieren oder abzusetzen, wurde auch von einigen Befragten aus diesem Berufsfeld angesprochen, von denen mehrere in ihren Antworten mögliche Gründe dafür nannten. Dazu gehörten Unsicherheit oder mangelndes Wissen über den Entzugsprozess, mangelnde Anerkennung und Unterschätzung von Entzugssymptomen sowie die Angst vor Kritik durch andere medizinische Fachkräfte.
3.4.2 Mangel an Informationen zum Entzug
Da es keine speziellen evidenzbasierten Informationen zum Entzug (z. B. Leitlinien) gibt, suchten einige Befragte aus der Gruppe der Betroffenen online auf Websites von Selbsthilfegruppen und auf YouTube nach Informationen. Ähnliche Herausforderungen wurden von Befragten aus dem Gesundheitswesen bei klinischen Entscheidungen im Zusammenhang mit der Verwendung und dem Absetzen von Psychopharmaka genannt, beispielsweise bei der Abwägung des Risiko-Nutzen-Verhältnisses.
Der Mangel an geeigneten Darreichungsformen für die Reduktion (d. h. Flüssigkeiten, niedrig dosierte Darreichungsformen) führte bei den Befragten aus den drei Beteiligtengruppen zu praktischen Problemen bei der Reduktion von Psychopharmaka. Zu diesen Problemen gehörten Schwierigkeiten bei der Dosisanpassung und Titration, um die gewünschten Medikamentendosen zu erreichen. Die Befragten aus dem Gesundheitswesen gaben an, dass dies eine zusätzliche Belastung für ihre ohnehin schon hohe Arbeitsbelastung darstellte.
3.4.3 Mangelnde Autonomie
Mehrere Befragte aus der Gruppe der Betroffenen berichteten von Schwierigkeiten, Einfluss auf den Entscheidungsprozess hinsichtlich der Reduzierung/dem Absetzen von Psychopharmaka zu nehmen, da der verschreibende Arzt die vollständige Kontrolle über den Reduktionsprozess hatte. Einige Befragte, die versuchten, die Dosisreduzierung mit ihren verschreibenden Ärzten zu besprechen, berichteten, dass sie abgewiesen wurden und Konflikte hatten.
3.4.4 Entzugssymptome
Alle drei Gruppen waren sich einig, dass der Entzugsprozess extrem schwierig sein kann. Viele Befragte aus den Gruppen der Betroffenen und Unterstützer erlebten oder beobachteten Entzugssymptome, die nach der Reduzierung/dem Absetzen von Psychopharmaka auftraten und von chronischen Schmerzen und Schlaflosigkeit bis hin zu Suizidgedanken und Brain Fog reichten. In einigen Fällen waren die Entzugssymptome schwerwiegend und hielten nach dem Absetzen der Psychopharmaka über einen längeren Zeitraum an. Mehrere Befragte aus der Gruppe der Gesundheitsfachkräfte räumten die potenzielle Schwere der Entzugssymptome ein und verwiesen auf ein allgemeines Unwissen hinsichtlich der zugrunde liegenden Pathophysiologie und Behandlung von Entzugssymptomen.
3.5 Thema 3: Strategien von Einzelpersonen zum Reduzieren/Absetzen von Psychopharmaka
Dieses Thema konzentrierte sich auf die Strategien, die von den Befragten angewendet wurden, um das Reduzieren/Absetzen von Psychopharmaka zu erleichtern. Die Strategien wurden in vier Unterthemen unterteilt.
3.5.1 Abruptes Absetzen
Mehrere Befragte hatten Erfahrungen aus erster oder zweiter Hand mit dem abrupten Absetzen von Psychopharmaka innerhalb kurzer Zeit. In den meisten Fällen wurde berichtet, dass dies auf Initiative des verschreibenden Arztes erfolgte. Das abrupte Absetzen wurde nur von einem Befragten aus der Gruppe der Gesundheitsfachkräfte angesprochen, der berichtete, dass dies in manchen Situationen aufgrund des Mangels an verfügbaren pharmazeutischen Formulierungen die einzige Option sei.
3.5.2 Ausschleichen
Die meisten Befragten wandten eine Ausschleichstrategie an oder hatten dies miterlebt. Dazu gehörten die Reduzierung der Medikamentendosis um feste Beträge alle paar Wochen und das Zerschneiden von Tabletten in kleinere Mengen. Einige Befragte wechselten von festen Darreichungsformen zu flüssigen Formulierungen und reduzierten dann die Medikamentendosis, indem sie die Medikamentenmenge pro Tropfen berechneten. Viele Befragte gaben an, dass der Ausschleichprozess Jahre dauerte.
3.5.3 Pharmakologische Unterstützung
Mehrere Befragte verwendeten pharmakologische Unterstützung oder hatten miterlebt, wie andere diese einsetzten. Beispiele hierfür waren Ketamin und Marihuana. Für einige Befragte erleichterte diese pharmakologische Unterstützung den Entzugsprozess und minimierte die Entzugserscheinungen. Andere Befragte gaben an, vor Beginn der Reduzierung auf ein anderes Psychopharmakon umgestellt zu haben (d. h. „Cross-Tapering“).
3.5.4 Nicht-pharmakologische Hilfsmittel
Eine kleinere Anzahl der Befragten nutzte nicht-pharmakologische Hilfsmittel, darunter Ernährungs- und Lebensstiländerungen sowie kognitive Verhaltenstherapie (KVT). Mehrere Befragte gaben an, dass Online-Foren zur gegenseitigen Unterstützung den Entzugsprozess durch die Bereitstellung von Informationen, Ressourcen und Unterstützung erleichterten.
3.6 Thema 4: Ergebnisse des Reduzierens/Absetzens von Psychopharmaka
Dieses Thema konzentrierte sich auf die Ergebnisse des Reduzierens/Absetzens von Psychopharmaka und wurde in zwei Unterthemen unterteilt.
3.6.1 Positive Ergebnisse des Reduzierens/Absetzens von Psychopharmaka
Viele Befragte hatten positive Ergebnisse nach dem Reduzieren/Absetzen von Psychopharmaka erlebt oder beobachtet. Diese reichten von einem neuen Gefühl der Freiheit und der Fähigkeit, Emotionen und Ziele zu empfinden, bis hin zur Linderung der Nebenwirkungen und Selbstmordgedanken, die mit der Einnahme von Medikamenten verbunden waren.
3.6.2 Negative Folgen des Reduzierens/Absetzens von Psychopharmaka
Die Befragten berichteten häufiger über negative Folgen des Reduzierens/Absetzens von Psychopharmaka als über positive Folgen. Diese reichten von beeinträchtigenden Entzugssymptomen und Selbstmordgedanken bis hin zu Rückfällen, die höhere Medikamentendosen erforderten und die Funktionsfähigkeit reduzierten, was sich negativ auf ihr Privat- und Berufsleben auswirkte.
3.7 Thema 5: Emotionaler Kontext
Die Befragten aus den Betroffenen- und Unterstützergruppen erlebten beim oder nach dem Reduzieren/Absetzen von Psychopharmaka eine Vielzahl unterschiedlicher Emotionen. Dieses Thema wurde in drei Unterthemen unterteilt.
3.7.1 Wut und Frustration
Viele Befragte waren wütend und bedauerten, dass ihnen überhaupt Psychopharmaka verschrieben worden waren und dass sie vor Beginn der Medikamenteneinnahme nicht umfassend über die potenziellen Risiken (z. B. körperliche Abhängigkeit und Entzugssymptomen) aufgeklärt worden waren.
3.7.2 Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit
Mehrere Befragte berichteten von Gefühlen der Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit während des Entzugsprozesses. Einige Befragte befürchteten, dass sie durch die Einnahme von Psychopharmaka dauerhaft verändert worden seien und dass sie diese Medikamente ihr Leben lang einnehmen müssten.
3.7.3 Dankbarkeit und Wertschätzung
Die Befragten aus den drei Gruppen drückten ihre Dankbarkeit und Wertschätzung gegenüber dem Forschungsteam und seinen Mitarbeitern für die Durchführung der Forschung zu diesem Thema und für die Möglichkeit zur Teilnahme aus.
3.8 Thema 6: Verbesserungsmöglichkeiten
Dieses Thema konzentrierte sich auf potenzielle Bereiche, die zur Verbesserung der Erfahrungen einzelner Personen mit dem Entzugsprozess ins Visier genommen werden könnten, und wurde in fünf Unterthemen unterteilt.
3.8.1 Ressourcen und Unterstützung für das Absetzen
Die Befragten aus den drei Gruppen schlugen vor, evidenzbasierte und leicht zugängliche Richtlinien für das Absetzen zu entwickeln und die Unterstützung beim Absetzen zu verbessern. Die Befragten waren der Meinung, dass Richtlinien für das Absetzen die Entscheidungsfindung erleichtern, den Entzugsprozess leiten und Entzugserscheinungen minimieren können. Die Befragten forderten außerdem absetzfreundlichere Darreichungsformen (d. h. niedrig dosierte Darreichungsformen und Tapering Strips), um die oben diskutierten praktischen Probleme bei der Bearbeitung festgelegter Darreichungsformen zu überwinden.
Die Befragten aller drei Gruppen forderten außerdem eine Verbesserung der Entzugsunterstützung. Dazu gehörten finanzielle Unterstützung in Form von Krankenversicherung/staatlicher Hilfe während und nach dem Entzugsprozess, psychosoziale Unterstützung in Form von Online-Hilfe und ambulanter Betreuung sowie eine bessere Verfügbarkeit von ausgebildeten medizinischen Fachkräften in der Grundversorgung.
3.8.2 Regulatorische Aufsicht über die Pharmaindustrie
Die Befragten aus den Erfahrungs- und Unterstützergruppen stellten die Frage nach dem Umfang der behördlichen Aufsicht über Psychopharmaka und nach dem Grad der Rechenschaftspflicht und Verantwortung der Pharmaindustrie für die durch diese Medikamente verursachten Schäden. Mehrere Befragte forderten eine verstärkte behördliche Aufsicht über die Verschreibung von Psychopharmaka (z. B. Verschreibung durch zwei Personen) und stellten die Beziehung zwischen der Pharmaindustrie und den verschreibenden Ärzten in Frage.
3.8.3 Rechenschaftspflicht/Verantwortung von Gesundheitsfachkräften
Mehrere Befragte aus den Gruppen der Betroffenen und Unterstützer hinterfragten den Grad der Rechenschaftspflicht und Verantwortung von Gesundheitsfachkräften in Bereichen wie Informationsbereitstellung, gemeinsame Entscheidungsfindung und Verschreibung von Psychopharmaka. Andere hinterfragten die Zurückhaltung der Gesundheitsfachkräfte bei der Reduzierung/dem Absetzen von Psychopharmaka und fragten wie diese überwunden werden könnte, und schlugen vor, ihnen die Verpflichtung aufzuerlegen, Psychopharmaka abzusetzen, wenn die Risiken die Vorteile überwiegen. Obwohl die Befragten aus der Gruppe der Gesundheitsfachkräfte ähnliche Fragen stellten, schienen sie sich nicht im Klaren darüber zu sein, welche Informationen sie den Betroffenen bei Beginn der Einnahme von Psychopharmaka zur Verfügung stellen sollten.
3.8.4 Aus- und Weiterbildung von medizinischem Fachpersonal
Die Befragten aus den Erfahrungs- und Unterstützergruppen empfanden das Wissen des medizinischen Fachpersonals zum Thema Ausschleichen als unzureichend. Die einzige Antwort eines Befragten der Gesundheitsfachkräfte zu diesem Unterthema teilte diese Ansicht, wobei der Befragte einräumte, dass er während seiner Ausbildung zum Apotheker keine Ausbildung zum Thema Ausschleichen erhalten hatte.
Die Befragten aus den drei Gruppen forderten eine verbesserte Ausbildung von medizinischem Fachpersonal, um die ihrer Meinung nach bestehenden Wissenslücken im Bereich der Psychopharmaka, insbesondere hinsichtlich der die Reduzierung/dem Absetzen von Psychopharmaka, zu schließen. Einige schlugen vor, diese Ausbildung verpflichtend zu machen. Es wurde die Vermutung geäußert, dass eine verbesserte Ausbildung die Herausforderungen im Zusammenhang mit der informierten Einwilligung überwinden könnte. Laut einem Befragten von den Gesundheitsfachkräften sind neben der Ausbildung auch gesetzliche Änderungen erforderlich, die die Verschreibungsmengen und -dauer einschränken.
Die Befragten aus den drei Gruppen forderten außerdem eine verbesserte Bereitstellung von Informationen über die möglichen Schäden, die mit der Einnahme und dem Absetzen von Psychopharmaka verbunden sind, auf einer breiteren, gesellschaftlichen Ebene für andere Gruppen, wie z. B. die Öffentlichkeit und Familienangehörige. Ein Befragter aus der Gruppe der Betroffenen sah die Notwendigkeit einer öffentlichen Debatte, um das Stigma rund um die Reduzierung/das Absetzen von Psychopharmaka zu beseitigen, was im Gegensatz zu den Ansichten einiger Befragter aus der Gruppe der Gesundheitsfachkräfte stand. Ein Befragter forderte eine weniger polarisierte Debatte über die Reduzierung/das Absetzen von Psychopharmaka, da die aktuelle Diskussion seiner Meinung nach gegen Medikamente gerichtet sei. Ein anderer Befragter forderte einen ausgewogeneren Ansatz bei der Diskussion über Psychopharmaka, da diese seiner Meinung nach ein kontroverses Thema seien und man leicht auf eine Seite geraten könne.
Quellenangabe:
mehr lesen
Boland, M., Higgins, A., Kwak, S. and Cadogan, C. (2025), ‘I Wish It Were More Often Told to People Before They Are Prescribed These Medications How Hard It Is to Get Off Them’: A Qualitative Descriptive Analysis of Free-Text Responses to a Survey on Reducing and Stopping Psychiatric Medication. Health Expectations, 28: e70384. https://doi.org/10.1111/hex.70384
Die Originalarbeit steht unter einer CC Lizenz
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Hinweis: Eine bereits früher erfolgte Auswertung (Teilübersetzung) dieser Online Studie mit der Zielsetzung "Ermittlung von Prioritäten für die künftige Forschung zur Reduzierung und zum Absetzen von Psychopharmaka: Ergebnisse einer Partnerschaft der James-Lind-Allianz zur Festlegung von Prioritäten" findet sich hier: Link
