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Besondere Hinweise für das Absetzen von Benzodiazepinen

Informationen zu Absetzsymptomen, Grundlagen zum risikominimierenden Absetzen und Informationen über Methoden zum Absetzen
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Besondere Hinweise für das Absetzen von Benzodiazepinen

Dieser Infotext ist eine Gemeinschaftsarbeit des Teams von adfd.org und wurde dort erstmalig veröffentlicht.


Um die 10%-Grundregel anwenden zu können muss man sich bei unregelmäßiger Einnahme oder schwankender Dosishöhe zunächst auf einer festen Tagesdosis einige Wochen stabilisieren.

Oft empfiehlt sich eine schrittweise Umstellung auf Diazepam oder ein anderes Benzodiazepin mit langer Halbwertszeit (insbesondere bei Langzeiteinnahme kurzwirksamer Benzodiazepine), um den Blutspiegel konstant zu halten und damit Absetzsymptome abzumildern.



Wie schnell kommt es zu einer Abhängigkeit bei Benzodiazepinen?


Benzodiazepine (und auch benzodiazepinähnliche Z-Substanzen) sind Notfallmedikamente und keine Dauerlösung. Benzodiazepine sollten daher nicht länger als 4 Wochen eingenommen werden. Benzodiazepine mit kurzer Halbwertszeit und stark angstlösender Wirkung wie Lorazepam und Alprazolam können in manchen Fällen sogar schon nach 1-2 Wochen täglicher Einnahme zu einer Abhängigkeit führen. Das Medikament muss dann ausgeschlichen werden und darf auf keinen Fall abrupt abgesetzt werden. Generell sollte die Einnahme so kurz wie möglich gehalten werden. Auch wenn ein Benzodiazepin vermeintliche Linderung verschafft, es ist ein reines Notfallmedikament und nichts anderes.

Auch als Bedarfsmedikament muss man Benzodiazepine und Z-Substanzen sehr vorsichtig einsetzen, die Einnahme sollte nicht häufiger als etwa 3 mal im Monat erfolgen. Auch unregelmäßige Einnahme kann früher oder später zu einer starken körperlichen Abhängigkeit führen, zudem besteht die Gefahr einer psychischen Abhängigkeit (Sucht) wenn man zu häufig schnell wirksame Medikamente zur Symptomunterdrückung einsetzt.



Wie verläuft die Umstellung auf Diazepam?


Die Umstellung (Substitution) auf Diazepam sollte möglichst schrittweise, überlappend erfolgen. Als Abstand zwischen den einzelnen Umstellungsschritten sind ein bis zwei Wochen empfehlenswert.
Die Größe der Umstellungsschritte richtet sich nach der Ausgangsdosis und der individuellen Verträglichkeit.
Als Richtlinie kann gelten, dass pro Schritt 25 % (ein Viertel) der Ausgangsdosis umgestellt werden kann, jedoch höchstens 10 mg Diazepam-Äquivalenz. Sehr empfindliche Betroffene können möglicherweise nur die Äquivalenz zu 2,5 mg Diazepam pro Schritt umstellen.

Beispiel: Ausgangsdosis 2 mg Lorazepam
1. Schritt: 1 - 2 Wochen 1,5 mg Lorazepam und 5 mg Diazepam
2. Schritt: 1 - 2 Wochen 1 mg Lorazepam und 10 mg Diazepam
3. Schritt: 1 - 2 Wochen 0,5 mg Lorazepam und 15 mg Diazepam
4. Schritt: 20 mg Diazepam

Aufgrund der sedierenden (müde machenden) Wirkung von Diazepam erfolgt die erste Substitution am besten mit der Nachtdosis. Es ist darauf zu achten, dass die Reaktionsfähigkeit auch am Folgetag noch eingeschränkt sein kann.

Bei einer Hochdosis-Abhängigkeit wird nur ein Teil (ca. 50-70 %) auf Diazepam umgestellt. Die restlichen Benzodiazepine werden dann während des Entzuges als Erstes abgesetzt.



Nach welcher Einnahmedauer sollte man auf Diazepam umstellen und warum?


Ab welcher Einnahmedauer eine Umstellung Sinn macht ist individuell unterschiedlich. Am besten ist es, man versucht zunächst vorsichtig in ganz kleinen Schritten das ursprüngliche Benzodiazepin zu reduzieren. Werden die Absetzsymptome trotz kleiner Schritte zu stark, ist die Umstellung auf Diazepam eine Möglichkeit. Bei Langzeiteinnahme (mehrere Jahre) ist besonders bei kurz wirksamen Benzodiazepinen die Umstellung oft ein notwendiger Schritt.

Diazepam hat eine sehr lange Halbwertszeit, dadurch bleibt der Blutspiegel über den Tag sehr stabil. Dies vermeidet sogenannte "Minientzüge" die bei Benzos mit kürzerer Halbwertszeit zwischen den einzelnen Einnahmen auftreten können.

Außerdem fällt der Blutspiegel bei Dosisveränderungen von Diazepam nur langsam, auch das kann helfen die Absetzsymptome etwas abzumildern.

Zu beachten ist allerdings, dass durch die lange Halbwertszeit die Symptome stark verzögert eintreten können. Es kann individuell 2-3 Wochen dauern, bis sich die Auswirkungen des letzten Reduktionsschritts zeigen. Deswegen ist es insbesondere bei Diazepam wichtig, ausreichende Zeitabstände zwischen den Reduktionen einzuhalten.



Gibt es Menschen, die Diazepam nicht vertragen?


Meist funktioniert die Umstellung auf Diazepam ohne größere Probleme, aber leider nicht immer. Eine Komplikation könnte eine paradoxe Wirkung sein.
Schwindel und Übelkeit ist eine häufige Nebenwirkung aber auch ein Absetzsymptom. Langsames, schrittweises Umstellen hilft meist, sich besser umzugewöhnen. Möglicherweise braucht es etwas weniger oder auch etwas mehr Diazepam als die in den Umrechnungstabellen angegebene Äquivalenzdosis, das muss man vorsichtig austesten.

Zudem ist Diazepam stärker muskelentspannend und dafür weniger angstlösend als viele andere Benzodiazepine, daher muss mit einer Umgewöhnungszeit gerechnet werden.
Außerdem kann Diazepam in manchen Fällen Depressionen auslösen oder verstärken. Bei einer Histaminintoleranz (HIT) ist Diazepam meist nicht geeignet.

Wird auch nach längerem Halten der Dosis die Verträglichkeit nicht besser, kann es sinnvoll sein das ursprüngliche Benzodiazepin wieder einzunehmen und dieses schrittweise auszuschleichen. Wenn das nicht gut funktioniert, gibt es noch die Möglichkeit einer Umstellung auf Clonazepam, Clorazepat oder auch Oxazepam. Es muss jedoch gut abgewogen werden ob dies notwendig ist, jede Umstellung bedeutet eine zusätzliche Belastung.

Letzten Endes läuft alles auf ein individuelles Austesten heraus.



Wie rechnet man auf Diazepam um?


Als Anhaltspunkt gibt es Umrechnungstabellen, die genaue Äquivalenzdosis ist individuell etwas unterschiedlich, das muss man für sich selbst durch geduldiges, schrittweises Umstellen herausfinden.

Ein Sonderfall ist Alprazolam, hier variieren die Angaben verschiedener Quellen sehr stark. Manche schlagen vor, dass 1mg Alprazolam etwa 10mg Diazepam entsprechen, andere schätzen die Potenz noch deutlich höher ein und schlagen vor 1mg Alprazolam mit 20mg Diazepam zu substituieren.
Man sollte sich bei Alprazolam unbedingt durch individuelles Austesten an die passende Äquivalenzdosis herantasten.


Umrechnungstabelle nach Ashton:

Benzodiazepine
Benzodiazepine Umrechnungstabelle.PNG
Benzodiazepine Umrechnungstabelle.PNG (22.36 KiB) 2188 mal betrachtet


Benzodiazepinähnliche Wirkstoffe
ZDrugs Umrechnungstabelle.PNG
ZDrugs Umrechnungstabelle.PNG (4.66 KiB) 2193 mal betrachtet


Kann man bei einer hohen Anfangsdosis größere Reduktionsschritte machen?


Auch hier gibt es keinen festen Richtwert, es hängt vom individuellen Empfinden ab. Wenn man noch nicht sehr lange sehr hohe Dosierungen einnimmt (über 50 mg Diazepam-Äquivalenzdosis) können größere Schritte gelingen, da sowieso alle Rezeptoren belegt sind. Es ist allerdings wichtig, nicht gleich am Anfang zu viel zu reduzieren, da verzögerte Absetzsymptome auftreten können und den weiteren Entzug stark erschweren können. Am besten ist es, man fängst klein an und hörst auf seinen Körper.



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