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Grundlagen zu Phasenprophylaktika

Grundlegende Informationen zu verschiedenen Arten von Psychopharmaka
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Team PsyAb
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Grundlagen zu Phasenprophylaktika

Dieser Infotext ist eine Gemeinschaftsarbeit des Teams von adfd.org und wurde dort erstmalig veröffentlicht.


WICHTIGER HINWEIS: Dieser Artikel gibt eine Einführung in das Thema Phasenprophylaktika. Um diese Einführung leicht verständlich zu halten, sind sehr komplexe Zusammenhänge stark vereinfacht dargestellt.


Phasenprophylaktika werden auch Stimmungsstabilisatoren genannt. Sie wirken je nach Medikament unter anderem stimmungsstabilisierend, antimanisch und teilweise "antidepressiv".

Phasenprophylaktika sind dafür gedacht, die Anzahl und Schwere depressiver und manischer Episoden bei Menschen mit bipolaren Erkrankungen zu reduzieren. Darüber hinaus sollen sie bei einer rezidivierender Depression Rückfällen vorbeugen.
Phasenprophylaktika werden daher als Langzeitmedikament eingesetzt.

Manchmal werden sie auch in der Hoffnung eingesetzt die Stimmung zu stabilisieren, z.B. bei einer Borderline Störung. Ein Nutzen hierfür ist allerdings nicht nachgewiesen.
Einige der Wirkstoffe werden zur Wirkverstärkung (Augmentation) zusammen mit anderen Psychopharmaka eingesetzt.

Phasenprophylaktika können körperlich abhängig machen, es kann ein langwieriger Absetzprozess erforderlich sein. Sie machen jedoch nicht süchtig, da keine psychische Abhängigkeit entsteht.



Wirkprinzipien der Phasenprophylaktika


Alle Phasenprophylaktika wirken direkt auf das Nervensystem und die Nervenzellen.
Das Wirkprinzip ist je nach Wirkstoffgruppe und Medikament unterschiedlich.

Lithiumsalze
Lithium hat eine starke Wirkung auf die Nervenzellen und hat Einfluss auf eine Vielzahl von neurochemischen Systemen. Der genaue Wirkmechanismus ist bisher nicht bekannt.
Es wird angenommen, dass Lithium die Natriumkanäle aktiviert. Natriumkanäle sind u.a. für die Auslösung eines Aktionspotentials in den Nervenzellen verantwortlich. Durch dieses Aktionspotential wird der Reiz (die Information) an die nächste Nervenzelle weitergegeben.
Lithium wirkt auf verschiedene Botenstoffe im Gehirn, u.a auf Serotonin, Dopamin und Norepinephrin. Zudem wirkt es auf weitere Systeme („Second-Messenger-Systeme“) ein

Antiepileptika
Antiepileptika verringern die übermäßige Erregbarkeit der Nervenzellen im Gehirn. Dies geschieht auf unterschiedlichen Wegen.
Die meisten Antiepileptika, die als Phasenprophylaktika eingesetzt werden haben u.a. eine Wirkung auf die Natrium und Calciumkanäle, die bei der Freisetzung von Botenstoffen eine Rolle spielen. Der Einstrom von Natrium in die Nervenzellen des Gehirns ist für die Weiterleitung von Erregungen und Reizen von großer Bedeutung. Die Blockade oder Verringerung des Natriumeinstroms durch Antiepileptika unterdrückt die Reizweiterleitung.

Neuroleptika
Neuroleptika wirken direkt auf den Gehirnstoffwechsel, hauptsächlich indem sie die Konzentration der Botenstoffe Dopamin und Serotonin verändern. Eine zentrale Wirkweise ist die Hemmung der Signalweiterleitung durch Dopamin im Zentralnervensystem.


INFO: Links zu Studien und Fachartikeln findest du in der Rubrik „Hintergrundinformationen und wissenschaftliche Texte“.

INFO: Weitere Infos zu Absetzsymptomen und wie sie entstehen findest du in der Rubrik "Grundlagen zum Absetzen".



Einteilung der Phasenprophylaktika nach Wirkstoffgruppen


Phasenprophylaktika sind keine einheitliche Wirkstoffgruppe. Es handelt sich mit Ausnahme von Lithium, um Medikamente aus verschiedenen anderen Arzneimittelgruppen, die eine phasenprophylaktische Wirkung haben.
Die wichtigsten sind:

Lithiumsalze

Antiepileptika (Antikonvulsiva)
Valproinsäure, Carbamazepin, Lamotrigin, Gabapentin

Neuroleptika
Olanzapin, Quetiapin, Risperidon, Ziprasidon, Aripiprazol



Häufige Nebenwirkungen


Wie alle Psychopharmaka können Phasenprophylaktika starke Nebenwirkungen haben. Die Nebenwirkungen sind bei den einzelnen Medikamentengruppen unterschiedlich.
Unter anderen können je nach Medikament folgende Nebenwirkungen auftreten:

Lithium:
  • häufige Nebenwirkungen: Zittern, Konzentrationsstörungen, vermehrte Harnproduktion, Gewichts­zunahme, Durchfälle, Übelkeit,, Schilddrüsen­vergrößerung, Schilddrüsenunterfunktion, Ansteigen der weißen Blutkörperchen, Hautveränderungen, sexuelle Funktionsstörungen
  • möglicherweise gefährliche Nebenwirkungen: Herzrhythmusstörungen, Krampfanfälle, Blutdruckabfall mit Kreislaufversagen, Koma, Gesichtsfeldausfälle, Nierenfunktionsstörungen, Herzmuskelerkrankungen, Blutzuckersteigerungen, Koordinationsstörungen, Psychosen, lebensbedrohliche Lithiumvergiftung
Antiepileptika
  • häufige Nebenwirkungen: Gewichtszunahme oder -abnahme, Hautausschlag, Juckreiz, Gangunsicherheit, Koordinationsstörungen, Schlaflosigkeit, Sprachstörungen, unwillkürliche Bewegungen, Zahnfleischentzündungen, Übelkeit, Erbrechen und Bindegewebsstörungen.
  • möglicherweise gefährliche Nebenwirkungen: Blutbildveränderungen, Leberschäden, Herzrhythmusstörungen (QTc-Intervall Verlängerung)
Neuroleptika
  • häufige Nebenwirkungen: Gewichtszunahme, Stoffwechselstörungen, Müdigkeit, Blutdrucksenkung, sexuelle Funktionsstörungen,
  • möglicherweise gefährliche Nebenwirkungen: Herz­rhythmusstörungen (QTc-Intervall Verlängerung), Blutbildveränderungen, Blutzuckersteigerungen, Krampfanfälle, Leberschäden, Malignes neuroleptisches Syndrom
  • eine Langzeiteinnahme kann zu bleibenden Schäden führen
In der Schwangerschaft stellen alle Phasenprophylaktika ein Risiko für das Ungeborene / Neugeborene dar.

Aufgrund des Risikos schwerer Nebenwirkungen, ist es wichtig, vor und während der Einnahme von Phasenprophylaktika Routineuntersuchungen durchzuführen. Dazu gehört unter anderem ein Blutbild, Leberwerte und ein EKG.

Bei der Einnahme mehrere Medikamente, ist es unbedingt erforderlich, den Arzt darüber zu informieren und die Kombination auf möglicherweise gefährliche Wechselwirkungen hin zu überprüfen


INFO: Steckbriefe zu einzelnen Wirkstoffen und ihren häufigsten Nebenwirkungen findest du im Beitrag "Steckbriefe zu einzelnen Psychopharmaka".



FAQ rund um Neuroleptika und ihre Einnahme


Können Phasenprophylaktika heilen?
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Nein, heilen können sie nicht. Sie setzen nicht an den Ursachen für bipolare Störungen an, diese sind auch nicht wirklich bekannt.
Sie können bestenfalls die Anzahl und Schwere weiterer Phasen verringern.
Kein Phasenprophylaktikum ist unproblematisch, sie haben alle erhebliche Risiken. Es sollte daher nur dann eines verordnet werden, wenn die Indikation sicher gegeben ist. Nutzen und Risiken sollten individuell abgewogen werden. Der/die Betroffene sollte sorgfältig aufgeklärt werden, um eine Entscheidung für oder gegen eine Einnahme treffen zu können.

Können Phasenprophylaktika Suizide verhindern?
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Lithium ist das einzige Medikament, das nachgewiesenermaßen Suizide verhindern kann.

Wie gefährlich ist es, Phasenprophylaktika in der Schwangerschaft und Stillzeit einzunehmen?
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Bei Lithium, Valproinsäure, Carbamazepin und Lamotrigin kann es zu Missbildungen des Ungeborenen kommen (teratogenes Risiko). Schwangerschaftsverhütung ist daher unbedingt erforderlich.
In Zusammenhang mit der Einnahme von Antiepileptika kann es zu einem Entzugssyndroms beim Neugeborenen wie z. B. Krämpfen und/oder Atemdepression kommen.

Neugeborene, deren Mütter während des letzten Schwangerschaftsdrittel Neuroleptika genommen haben, sind durch Nebenwirkungen einschließlich extrapyramidaler Symptome (Bewegungsstörungen) und/oder Entzugserscheinungen gefährdet, deren Schwere und Dauer nach der Entbindung variieren können.


Weiterführende Links zu diesem Thema:

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