Lexikon Fachbegriffe

Wirkweise, Nebenwirkungen und Risiken von Antidepressiva, Benzodiazepinen, Neuroleptika (Antipsychotika) und Phasenprophylaktika
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Re: Lexikon Fachbegriffe

I

iatrogen, Interaktion (Arzneimittel)


Begriff
iatrogen

Synonyme
pharmakogen, medikamenteninduziert

Erklärung
Gesundheitsschäden oder Krankheiten, die durch ärztliche Therapiemaßnahmen verursacht wurden.
Sowohl unvermeidbare als auch vermeidbare, durch einen ärztlichen Fehler verursachte Schäden werden als iatrogen bezeichnet.
Nebenwirkungen, Absetzsymptome und Langzeitschäden von Psychopharmaka sind daher iatrogene Krankheiten (z.b. iatrogene Histaminintoleranz).



Begriff
Interaktion (Arzneimittel)

Abkürzung
IA, WW

Synonyme
Arzneimittelwechselwirkung, Arzneimittelinteraktion

Erklärung
Unter einer Arzneimittelwechselwirkung versteht man die gegenseitige Beeinflussung von Arzneimitteln oder die gegenseitige Beeinflussung von Arzneimitteln und Nahrungsmitteln bei zeitlich zusammenhängender Einnahme.

Die Wirkstoffe können sich in ihrer Pharmakokinetik oder Pharmakodynamik gegenseitig beeinflussen. Interaktionen sind meistens unerwünscht und können zu einem Wirkungsverlust, gefährlichen Nebenwirkungen und einer Überdosierung führen.

Pharmakokinetisch nennt man Wechselwirkungen, die durch Veränderung der Aufnah­me, der Verteilung im Körper, der Verstoffwechselung und der Ausscheidung bewirkt werden. Die größte Rolle spielt dabei der Abbau der Medikamente durch körpereigene Enzyme.

Pharmakodynamisch nennt man Wechselwirkungen, die sich auf den Wirkmechanismus eines Arzneistoffs beziehen. Zu gefährlichen Wechselwirkungen kann es kommen, wenn sich die jeweiligen Nebenwirkungen mehrerer Substanzen überlagern oder aufsummieren. Sie können zum Zusammenbruch des Immunsystems, Herzrhythmusstörungen, Verwirrtheitszuständen (Delir), Störungen der Bewegungskoordination (Dyskinesien), Zerstörung der Leber oder zu Krampfanfällen führen.

Wechselwirkungen treten nicht nur mit verschreibungspflichtigen und freiverkäuflichen Medikamenten, sondern auch mit Inhaltsstoffen bestimmter Nahrungs- und Genussmittel, Nahrungsergänzungsmitteln, Getränken, Rauschmitteln und pflanzlichen Heilmitteln auf. Vor der Einleitung jeder Arzneimitteltherapie muss von einer Fachperson überprüft werden, ob die Kombination sicher ist.

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J

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K

Kaltentzug, Kindling Effekt, Kumulation


Begriff
Kaltentzug

Synonyme
umgangssprachlich: Cold Turkey

Erklärung
Plötzliches Absetzen einer körperlich abhängig machenden Substanz, wie z.B. Benzodiazepine, Psychopharmaka, Neuroleptika, Opiate, usw.
Als Resultat eines Kaltenzuges können Entzugssymptome auftreten, die sich seelisch und körperlich äußern (bis hin zur Suizidalität) und je nach Suchtmittel, Dauer der Suchtmitteleinnahme oder Ausprägung der Abhängigkeit sehr stark variieren können.

Bei einem Kaltentzug besteht das Risiko eines schweren, langanhaltenden protahierten Entzugssyndrom. Ein Kaltentzug sollte daher, wenn nicht medizinisch notwendig (z.B. wegen lebensbedrohlicher NW), vermieden werden.

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Begriff
Kindling Effekt

Synonyme
Sensitivierung, Kindling

Erklärung
Der Kindling Effekt beschreibt das Phänomen, dass wiederholte, unterschwellige Reize zu einer stark erniedrigten Reizschwelle im zentralen Nervensystem führen. In der Folge kann es trotz gleichbleibender Reizstärke zu einer überproportional starken Reaktion kommen.

Das Konzept des Kindling Effekts diente zunächst als Erklärung, warum bei wiederholten Epilepsie-Anfällen diese in der Folge immer schwerer und häufiger auftreten.
In Bezug auf Alkohol- oder Medikamentenentzug bewirkt das Kindling bei wiederholtem Entzug immer stärkere Entzugssymptome, ein größeres Risiko von Krampfanfällen und starken psychischen Symptomen wie Angstzustände und extreme Übererregbarkeit des ZNS.

Möglicherweise ist dieser Effekt auch ein Erklärungsansatz, warum manche Betroffene, die zuvor viele Medikamente recht problemlos absetzen konnten, irgendwann dennoch große Schwierigkeiten beim Reduzieren einer bestimmten Substanz bekommen.

Weiterführende Links

Begriff
Kumulation

Abkürzung
---

Synonyme
Kumulierung, Akkumulation, Anreicherung,

Erklärung
Kumulation von Wirkstoffen:
In der Arzneimittelkunde versteht man unter Kumulation die Anhäufung von Arzneimitteln im Organismus. Dies geschieht wenn die Ausscheidung oder der Abbau des Medikamentes geringer ausfällt als die Aufnahme. Bei einer solchen Kumulation besteht die Gefahr einer Überdosierung bis hin zu einer Arzneimittelvergiftung.
Dieses Risiko ist bei einer Einschränkung der Nieren- oder Leberfunktion erhöht, besonders gefährdet sind ältere Menschen. Auch manche Wechselwirkungen und spezifische Stoffwechseltypen führen zu einem erhöhten Risiko.
Bei Medikamenten mit einer langen Halbwertszeit (z.B. Diazepam, Fluoxetin) kommt es bei einer regelmäßigen Einnahme zu einer Kumulation bis das Kumulationsgleichgewicht erreicht ist. Bei diesen Medikamenten ist eine Kumulation normal und gehört zur Arzneimittelwirkung.

Kumulation von Absetzsymptomen:
Absetzsymptome können im Hintergrund kumulieren. Nach jeder Reduktion muss sich das Zentralnervensystem an eine neue Dosis anpassen. Wenn diese "Anpassungsarbeiten" nach einer Reduktion noch nicht abgeschlossen sind und es kommt schon die nächste Reduktion, dann können sich die Absetzsymptome aufsummieren und das Zentralnervensystem wird völlig überlastet.
Da Absetzsymptome häufig zeitverzögert auftreten, kann diese Kumulation zunächst unbemerkt ablaufen, bis es dann zu einem verstärkten Auftreten von Absetzsymptomen kommt.

siehe auch "Halbwertszeit"

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L



Begriff
Leitlinien, medizinische

Abkürzung

Synonyme

Erklärung
Medizinische Leitlinien geben auf der Grundlage klinischer Studien Empfehlungen, welche diagnostischen und therapeutischen Mittel bzw. Verfahren bei einer bestimmten Erkrankung sinnvoll sind. Vorrangiges Ziel von Leitlinien ist die Verbesserung der Qualität der medizinischen Versorgung aufgrund von Wissensvermittlung.

Leitlinien sind rechtlich nicht verbindlich, sie dienen dem Arzt lediglich als Entscheidungshilfe. Er muss jeweils prüfen, inwieweit sie im Einzelfall anwendbar sind.

In Deutschland werden medizinische Leitlinien in erster Linie von der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), der Bundesärztekammer, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sowie von Berufsverbänden entwickelt und verbreitet.

Leitlinien werden in vier Entwicklungsstufen von S1 bis S3 klassifiziert, wobei S3 die höchste Qualitätsstufe ist (Empfehlungen auf der Basis von Evidenz und strukturiertem Konsens).
Immer wieder wird kritisiert, dass der Einfluss von Interessengruppen (z.B. von pharmazeutischen Unternehmen) auf die Entwicklung von Leitlinien groß ist.

Weiterführende Links
* Medizinische Leitlinie - Wikipedia
* Leitliniengrundlagen - leitlinien.de
* leitlinienwatch
*Nationale VersorgungsLeitlinie Unipolare Depression (2022)
*Zusammenfassung der S 3 Leitlinien Schizophrenie 2019 von Volkmar Aderhold - bpe
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Ma-Mh

Malignes neuroleptisches Syndrom, Medication spellbinding, Metaanalyse, Metabolische Nebenwirkungen, Metabolit,


Begriff
Malignes neuroleptisches Syndrom

Abkürzung
MNS

Synonyme
malignes Neuroleptika-Syndrom

Erklärung
Das maligne neuroleptische Syndrom ist ein sehr seltenes, aber lebensbedrohliches Krankheitsbild, das durch Dopaminantagonisten, vor allem durch Neuroleptika, aber auch durch Lithium, Narkosemedikamente oder einige Antidepressiva ausgelöst wird. Es tritt vor allem bei hoher Dosierung oder schneller Aufdosierung der genannten Medikamente auf, zumeist in den ersten 4 Wochen nach Therapiebeginn bzw. -umstellung.

Für die Diagnose zwingende Symptome sind eine erhebliche Muskelsteifigkeit und Fieber.
Weitere Symptome können u.a. sein: Schluckstörungen, Zittern, Bewusstseinsveränderungen (Katatoner Stupor, Verwirrtheit, Delir, beschleunigte Herzfrequenz, Blutdruckschwankungen, starkes Schwitzen, Laborwertveränderungen.

Ein MNS ist ein medizinischer Notfall, alle Neuroleptika müssen sofort abgesetzt werden und der Patient muss engmaschig überwacht werden. Es kann eine Behandlung auf der Intensivstation notwendig werden.


Weiterführende Links


Begriff
Medication spellbinding

Abkürzung

Synonyme
Intoxication Anosognosia, "fesselnde Anziehungskraft" von (bzw. "Bann" durch) Medikamente/n

Erklärung
Der Begriff wurde durch Dr. Peter Breggin geprägt.

Dieser "Medikamentenzauber“ führt dazu, dass sich Patienten während der Behandlung mit und des Entzugs von psychiatrischen oder anderen psychoaktiven Substanzen der negativen mentalen und emotionalen Auswirkungen ihrer Medikamente nicht bewusst sind. Der Patient schreibt Nebenwirkungen wie Wut oder Traurigkeit nicht dem Medikament zu, sondern sieht deren Ursache anderswo (in seiner psychischen Erkrankung oder von außen, z.B. durch Angehörige verursacht). Positive Wirkungen werden hingegen überschätzt.
Medikation spellbinding kommt häufig während des Absetzens bzw. des Entzugs von Medikamenten vor. Dadurch erkennen die Betroffenen nicht, dass sie an Absetz- bzw. Entzugssymptomen leiden.

Weiterführende Links
* Der Bann durch die Medikamente - Medication spellbinding auf ADFD.org
* Breggin: Intoxication anosognosia: medication spellbinding



Begriff
Metaanalyse

Erklärung
Metaanalysen fassen frühere Forschungsarbeiten zu derselben wissenschaftlichen Fragestellung zahlenmäßig zusammen und bewerten diese.
Die statistisch aufgearbeiteten Ergebnisse aller gefundenen Studien werden dann zumeist im Rahmen einer systematischen Übersichtsarbeit (Review) analysiert und kritisch gewürdigt. Das Gesamtergebnis hat oft eine deutlich höhere Aussagekraft als die Ergebnisse der Einzelstudien.

Weiterführende Links
* Metaanalyse - DocCheck Flexikon
* Metaanalyse - Wikipedia
*Was sind systematische Übersichten und Meta-Analysen? - gesundheitsinformation.de




Begriff
Metabolische Nebenwirkungen

Abkürzung

Synonyme
Metabolische Risiken, Metabolisches Syndrom, Syndrom X, Reaven-Syndrom, tödliches Quartett

Erklärung
Psychopharmaka können schwerwiegende metabolische Nebenwirkungen haben.
Als Metabolisches Syndrom bezeichnet man die Kombination von gestörtem Kohlenhydratstoffwechsel, gesteigerter Insulinresistenz, Bluthochdruck, Dyslipoproteinämie (Fettstoffwechselstörung) und Adipositas (Fettleibigkeit). Gegebenenfalls sollte das Psychopharmakon reduziert oder abgesetzt werden

Störungen des Kohlehydrat- bzw. Fettstoffwechsels können zu schwerwiegenden Folgeekrankungen, wie Diabetes mellitus, Erkrankungen der Blutgefäße, Herzinfarkten, Schlaganfällen und sogar Krebs­erkrankungen führen.

Eine deutliche Gewichtszunahme unter der Einnahme eines Psychopharmakon ist daher ein Warnsignal, das ernst zu nehmen ist. Körpergewicht, Blutzucker und Blutfettwerte sollten überwacht werden um Folgeschäden zu vermeiden.

Ein eher geringes metabolisches Risiko haben: Fluoxetin, Imipramin, Sertralin, Bupropion, Agomelatin, Trazodon; Amisulprid, Aripiprazol, Ziprasidon, Melperon, Fluphenazin.
Ein mittleres Risiko besteht bei: Citalopram, Escitalopram, Nortriptylin, Venlafaxin, Duloxetin;
Haloperidol, Flupentixol, Perphenazin, Risperidon, Paliperidon, Quetiapin.
Ein hohes Risiko liegt bei Mirtazapin, Amitriptylin, Doxepin; Olanzapin, Clozapin, Thioridazin vor

Weiterführende Links

Begriff
Metabolit

Synonyme
Metabolicum

Erklärung
Metaboliten (von griechisch: metabolites - umgewandelt) sind Substanzen, die als Zwischenstufen oder als Abbauprodukte von Stoffwechselvorgängen des Organismus entstehen.

Metaboliten kommen natürlicherweise in den Zellen vor, sie entstehen durch den Einfluss von Enzymen, sind in der Lage in Folgereaktionen einzutreten und werden nach einer begrenzten Zeit wieder abgebaut.

Auch die Wirkstoffe von Arzneimitteln werden in der Regel durch den Stoffwechsel enzymatisch verändert und vom Körper zu einem oder mehreren Metaboliten umgewandelt. Wenn ein solcher Metabolit selbst eine pharmakologische Wirkung entfaltet, spricht man von einem aktiven Metabolit.

Beispiele: Norfluoxetin ist ein aktiver Metabolit von Fluoxetin; N-Desmethyldiazepam (Nordazepam), Temazepam und Oxazepam sind aktive Metaboliten von Diazepam. Bei der Berechnung wie lange es dauert, bis ein Wirkstoff im Körper abgebaut bzw. ausgeschieden ist, ist auch die Halbwertszeit eines aktiven Metaboliten zu berücksichtigen.

siehe auch " Enzymatischer Abbau"

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Mi-Mz

Monoaminooxidase-Hemmer

Begriff
Monoaminooxidase - Hemmer

Abkürzung
MAO - Hemmer, MAOH

Synonyme
Monoaminooxidase - Inhibitoren (MAOI)

Erklärung
MAO Hemmer wirken durch eine Blockade der Monoaminooxidasen. Dies sind Enzyme, die für den Abbau von Botenstoffen (Monoamine) wie Serotonin, Noradrenalin und Dopamin zuständig sind. Durch die Hemmung dieser Enzyme, steigt der Spiegel der Botenstoffe an. Dies soll die Signalweiterleitung im Zentralen Nervensystem verbessern.

Zur Gruppe der MAO-Hemmer gehören die Wirkstoffe Moclobemid (reversibler MAO-Hemmer) und Tranylcypromin (irreversibler MAO-Hemmer). Unter der Behandlung mit Tranylcypromin muß eine streng tyraminarme Diät eingehalten werden.
Wegen der Gefahr schwerer Wechselwirkungen (Serotoninsyndrom) dürfen MAOH nicht mit ander­en Antidepressiva, insbesondere nicht mit TZA, SSRI und SSNRI kombiniert werden. Bei einer Medikamentenumstellung sind Wartezeiten einzuhalten, damit sich die Wirkstoffe nicht im Körper begegnen.

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Na - Ne



Neuroadaption, Neuro-Emotionen, Neuroleptika, Neuroleptische Potenz, neurophysiologisch, Neuroplastizität, Neurotransmitter, Noradrenalin


Begriff
Neuroadaption

Abkürzung
---

Synonyme
neuronale Adaptation, neuroadaptive Prozesse

Erklärung
Der Begriff Neuroadaption bezieht sich auf die Veränderungen, die im Gehirn stattfinden, wenn es sich an das Vorhandensein einer neuen Substanz oder eines Stimuli anpasst.
„Neuro" bezieht sich auf die Nervenzellen in unserem Gehirn und Nervensystem, "Adaption" bedeutet Anpassung.
Bei der Einnahme von Psychopharmaka finden solche neuroadaptive Prozesse statt. So kann z.B. die Anzahl der Rezeptoren erhöht oder verringert werden (Up-und Downregulation) oder die Empfindlichkeit der Rezeptoren wird verändert. Das Gehirn baut sich quasi unter dem Einfluss des Psychopharmakons um.

Durch solche biochemischen Anpassungsprozesse kann eine Gewöhnung an die Substanz mit Toleranz und Wirkverlust entstehen. Dies kann als eine körperliche Abhängigkeit bezeichnet werden. Wird das Psychopharmakon dann abgesetzt, kann es zu Entzugssymptomen kommen.

Weiterführende Links
---


Begriff
Neuro-Emotionen

Synonyme
Neurogefühle

Erklärung
Empfindungen, die nicht der eigenen Gefühlswelt, sondern dem Körper bzw. direkt dem gereizten Nervensystem entspringen zu scheinen. Neuro-Emotionen können sich unter anderem als Wut, Angst, Panik, Melancholie, Schuld und Schamgefühle äußern. Sie treten oft in Wellen, unabhängig von äußeren Faktoren, auf und sind typische Psychopharmaka-Entzugserscheinungen.

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Begriff
Neuroleptika

Abkürzung
NL

Synonyme
Antischizophrenika, Neurolytika, Antipsychotika, Neuroplegika, Psycholeptika, Psychoplegika

Erklärung
Neuroleptika sind antipsychotisch wirkende Medikamente, die in den Dopaminhaushalt eingreifen. Aufgrund ihrer sedierenden Wirkung werden Neuroleptika mit niedriger antipsychotischer Potenz oft auch bei Unruhe und Ängsten und sogar auch bei Schlafstörungen eingesetzt.

Insbesondere die Langzeiteinnahme und/oder hohe Dosierungen sind sehr risikoreich und es besteht die Gefahr von Langzeitschäden.

Konventionelle (z.B. Promethazin, Haloperidol) sowie neuere, sogenannte atypische (z.B. Risperdal, Seroquel) Neuroleptika rufen oft extrapyramidal-motorische Nebenwirkungen (Krämpfe, Störungen des Bewegungsablaufes) hervor und führen häufig zu starker Gewichtszunahme und Diabetes. Manchmal treten Veränderungen des Blutbildes oder Blutdrucks auf.

Wie andere Psychopharmaka auch, vermindern Neuroleptika bestimmte Symptome, können psychische Krankheiten jedoch nicht heilen.
Auch das Absetzen von Neuroleptika sollte in kleinen Schritten und über einen längeren Zeitraum erfolgen, um starke Entzugssymptome zu vermeiden.

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Begriff
Neuroleptische Potenz

Abkürzung
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Synonyme
antipsychotische Potenz

Erklärung
Die neuroleptische Potenz ist ein Maß für die antipsychotische Wirksamkeit eines Wirkstoffes. Als Vergleichswirkstoff gilt das Neuroleptikum Chlorpromazin.
Je stärker ein Wirkstoff bestimmte Dopaminrezeptoren im Zentralen Nervensystem blockiert, als umso hochpotenter wird er angesehen.

Die neuroleptische Potenz wurde ursprünglich auch danach ermittelt, ab welcher Dosis die neuroleptische Schwelle überschritten wird und Auffälligkeiten in der Feinmotorik auftreten. Hochpotente Neuroleptika können bereits Bewegungsstörungen im niedrigen Dosisbereich auslösen und niederpotente eher in hohen Dosen.

Neuroleptika mit einer niedrigen neuroleptischen Potenz haben eine verstärkt sedierende Wirkung bereits im niedrigen Dosisbereich.

Typische Neuroleptika werden anhand ihrer neuroleptischen Potenz in niederpotente, mittelpotente und hochpotente Neuroleptika eingeteilt.

Bei den neuartigeren atypischen Neuroleptika wird die antipsychotische Wirkstärke nicht mit der neuroleptischen Potenz ausgedrückt.

Weiterführende Links


Begriff
neurophysiologisch

Abkürzung
---

Synonyme
nervenphysiologisch

Erklärung
„Neuro" bezieht sich auf die Nervenzellen in unserem Gehirn und Nervensystem; "Physiologie" ist die Lehre von den normalen, insbesondere biophysikalischen, Lebensvorgängen in den Zellen, Geweben und Organen.
Der Begriff "neurophysiologisch" bezieht sich auf die Funktionsweise des Nervensystems oder Teilen davon, (z.B. von Abschnitten des Gehirns, einzelnen Nerven oder auch einzelnen Nervenzellen).

Entzugssymptome sind, auch wenn sie sich psychisch ausdrücken, neurophysiologisch, also körperlich bedingt. Sie entstehen durch Funktionsstörungen des Nervensystems. Die Ursache für diese Funktionsstörungen liegt an den Veränderungen im Gehirn, die durch die Einnahme von Psychopharmaka hervorgerufen wurden.

Weiterführende Links
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Begriff
Neuroplastizität

Abkürzung
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Synonyme
Neuronale Plastizität, Hirnplastizität

Erklärung
Neuroplastizität ist die Eigenschaft des Gehirns (einzelner Synapsen, Nervenzellen und ganzer Gehirnareale) sich in Abhängigkeit von seiner Verwendung zu verändern.
„Neuro" bezieht sich auf die Nervenzellen in unserem Gehirn und Nervensystem.„Plastizität" bedeutet, dass es veränderbar ist.
Dies geschieht zum einen als Reaktion auf Verletzungen des Nervengewebes und ermöglicht dem Gehirn sich nach einer solchen Störung oder Verletzung wieder zu erholen. Zum anderen ist es ein natürlicher Prozess, der es dem Organismus ermöglicht, auf Veränderungen in seiner Umgebung zu reagieren und sich diesen anzupassen. Dies ist die Grundlage des Lernens.
Diese Fähigkeit unserer Nervenzellen besteht das ganze Leben lang.

Funktionelle (synaptische) Plastizität spielt sich auf der Ebene der Synapsen ab, d.h. die Menge des ausgeschütteten Botenstoffes oder die Rezeptordichte auf der Empfängerzelle wird verändert.
Von struktureller Plastizität spricht man, wenn die synaptische Kontaktfläche vergrößert oder verkleinert wird oder ganze Synapsen auf-, ab- oder umgebaut werden oder neue Nervenzellen gebildet werden.

Aufgrund der Neuroplastizität verändert sich das Gehirn sowohl bei der Einnahme von Psychopharmaka als auch während und nach dem Absetzen. Neuroplastizität ermöglicht es, dass sich das Gehirn nach dem Absetzen von Psychopharmaka wieder von dem Eingriff in sein System erholt und Heilung statt findet.

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Begriff
Neurotransmitter

Synonyme
Transmitter

Erklärung

Der Begriff kommt aus altgriechisch neuron „Sehne, Nerv“ und lateinisch transmittere „hinüber schicken, übertragen“.

Als Neurotransmitter bezeichnet man Botenstoffe, die an chemischen Synapsen die Erregung von einer Nervenzelle (präsynaptisch) auf andere Zellen übertragen, verstärken oder modulieren. Sie wandeln dafür eingehend elektrische Signale in chemische um, die dann in der nachgeordneten Zelle (postsynapsisch) wieder elektrische Signale auslösen können.

Neurotransmitter befinden sich in Speicherbläschen (Vesikeln) in der Präsynapse. Werden sie durch ein Aktionspotential aktiviert, werden sie in den synaptischen Spalt zwischen zwei Nervenzellen ausgeschüttet. Der Neurotransmitter dockt dann an den spezifischen Rezeptor der Postsynapse an und übermittelt so die Signale.

Anschließend löst er sich wieder vom Rezeptor und wird entweder im synaptischen Spalt abgebaut oder wieder in die Präsynapse aufgenommen.

Chemisch werden Neurotransmitter in verschiedene Stoffklassen eingeteilt: Biogene Amine/ Monoamine (dazu gehören u.a. Acetylcholin, Noradrenalin, Adrenalin, Dopamin, Serotonin, Histamin); Aminosäuren (dazu gehört u.a. Glutaminsäure, GABA); Neuropeptide; Endocannabinoide

siehe auch "Synapse", "Rezeptor"

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Nf-Nz


Noradrenalin, Number needed to treat/Number needed to harm


Begriff
Noradrenalin

Abkürzung
---

Synonyme
Norepinephrin, Arterenol, Levarterenol

Erklärung
Noradrenalin ist ein körpereigener Botenstoff, der als Stresshormon und Neurotransmitter wirkt.
Er gehört zur Untergruppe der Katocholamine und ist eng mit Adrenalin verwandt. Noradrenalin wird aus dem Neurotransmitter Dopamin unter Beteiligung eines Enzyms (Dopamin-beta-Hydroxylase) hergestellt. Er entfaltet seine Wirkung im menschlichen Organismus an sogenannten Adrenozeptoren.

Noradrenalin ist der hauptsächliche Neurotransmitter des Sympathikus.
Als Neurotransmitter ist Noradrenalin an der Signalübertragung zwischen den Nervenzellen beteiligt. An dieser Stelle greifen die Selektiven Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer ein.

Als Stresshormon führt Noradrenalin im Zuge des Kampf- oder Flucht-Syndroms zu einer Erhöhung des Blutdrucks durch Engstellung der Gefäße. Die Herzfrequenz wird gesenkt. Außerhalb von gefährdenden Situationen kommt Noradrenalin eine wichtige Funktion bei der Steigerung von Aufmerksamkeit, Motivation und geistiger Leistungsfähigkeit zu.

Weiterführende Links

Begriff
Number needed to treat/Number needed to harm

Abkürzung
NNT/NNH

Synonyme
Anzahl der notwendigen Behandlungen

Erklärung
Die "Number needed to treat" ist eine gedachte Zahl, die angibt, wie viele Patienten mit dem Medikament oder der Methode durchschnittlich behandelt werden müssen, um bei einem Patienten das gewünschte Therapieziel zu erreichen. Die Zahl wird immer aufgerundet.
Beispiel: Eine NNT von 2 bedeutet, daß wenn zwei Patienten ein Medikament bekommen, es bei einem die gewünschte Wirkung hat. Bei einer NNT von 10, hat das Medikament nur bei jedem zehnten Patienten die gewünschte Wirkung.

Bei der "Number needed to harm" wird dementsprechend gerechnet, bei wievielen Patienten Nebenwirkungen auftreten.
Eine NNH von 2 bedeutet hier, daß wenn zwei Patienten das Medikament bekommen, einer davon Nebenwirkungen erleidet.

Weiterführende Links
* Number needed to treat - DocCheck Flexikon
* Anzahl der notwendigen Behandlungen - Wikipedia
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Re: Lexikon Fachbegriffe

O


Begriff
Off-Label-Use

Abkürzung
-

Synonyme
Verordnung von Arzneimitteln in nicht zugelassenen Anwendungsgebieten

Erklärung
Arzneimittel sind für die Verordnung in einem bestimmten Anwendungsgebiet und für bestimmte Patientengruppen (z.B. nur für Erwachsene) zugelassen. Werden Arzneimittel von Ärzten für von der Zulassung abweichende Einsatzgebiete oder Patientengruppen verordnet, nennt man das "Off-Label-Use". Beispielsweise wird das Antidepressivum Trazodon im Off-Label-Use auch als Schlafmittel bei Nicht-Depressiven verordnet.

Der Off-Label-Use ist grundsätzlich erlaubt, aber Ärzte haften für die medizinische Richtigkeit des Gebrauchs sowie für evtl. Nebenwirkungen. Deshalb werden Medikamente meist nur bei in Studien nachgewiesener Wirksamkeit verordnet bzw. wenn der Off-Label-Use in den Leitlinien für Ärzte empfohlen wird. An die Aufklärung des Patienten werden dabei besondere Anforderungen gestellt.

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Re: Lexikon Fachbegriffe

Pa-Pl

Paradoxe Reaktion, Phasenprophylaktika, Placebo, - effekt


Begriff
Paradoxe Reaktion

Erklärung
Bei einer paradoxen Reaktion reagieren die Betroffenen auf ein Medikament genau entgegengesetzt der eigentlich beabsichtigten Wirkung, etwa mit Schlaflosigkeit bei einem schlaffördernden Mittel bzw. starker Unruhe auf eine beruhigende Substanz.
Paradoxe Reaktionen können in manchen Fällen sehr starke psychische und körperliche Symptome auslösen und von Angstzuständen, Herzrasen, bis hin zu Suizidimpulsen reichen.
Es ist daher ratsam, ein neues Medikament zunächst in sehr geringer Dosierung zu testen (weit unterhalb der empfohlenen Wirkdosis).

Hier im Forum beobachten wir häufiger eine Unverträglichkeit bei erneuter Einnahme eines bereits abgesetzten Medikaments, welche starke Ähnlichkeit mit einer paradoxen Reaktion aufweist.

Weiterführende Links


Begriff
Phasenprophylaktika

Abkürzung

Synonyme
Stimmungsstabilisatoren, Stimmungsstabilisierer

Erklärung
Ein Phasenprophylaktia ist ein Psychopharmakon, das zur Behandlung von Stimmungsstörungen, die durch intensive und anhaltende Stimmungsschwankungen gekennzeichnet sind, eingesetzt wird.
Phasenprophylaktika werden insbesonders bei bipolaren Störungen eingesetzt, um manische Zustände abzuschwächen oder um dem Rückfall in manische oder auch depressive Episoden vorzubeugen.

Eingesetzt werden neben Lithium einige Medikamente aus der Gruppe der Antikonvulsiva/Antiepileptika ( z.B. Valproinsäure, Carbamazepin, Lamotrigin), sowie einige Medikamente aus der Gruppe der Neuroleptika ( z.B. Olanzapin, Quetiapin).

Wie alle Psychopharmaka können Phasenprophylaktika körperlich abhängig machen und sollten daher ausgeschlichen werden.

Weiterführende Links


Begriff
Placebo, - Effekt

Abkürzung
---

Synonyme
Scheinmedikament, Placeboantwort

Erklärung
Ein Placebo ist ein Scheinmedikament, das aussieht wie ein echtes Medikament, aber keinen Arzneistoff enthält.

Placeboeffekt:
Auch die Gabe von solchen Scheinmedikamenten kann eine deutliche "Heilwirkung" entfalten. Solche positiven psychischen und körperlichen Reaktionen, die nicht auf die Wirksamkeit eines Medikamentes selbst zurückzuführen sind, nennt man Placebo-Effekt. Die Verbesserung des Gesundheitszustandes kann dabei genau so ausgeprägt sein, wie bei einer echten Therapie. Eine wichtige Voraussetzung für einen Placeboeffekt ist die positive Erwartungshaltung gegenüber einer Behandlung, z.B. eines Medikamentes.

Placebokontrollierte klinischen Studien:
Placebos werden in placebokontrollierten klinischen Studien eingesetzt, um die medizinische Wirksamkeit eines Medikamentes zu erforschen. Placebos dienen dabei als Kontrollsubstanzen. Eine Gruppe von Patienten erhält ein echtes Medikament, eine andere ein Placebo. Anschließend werden die gesundheitlichen Verbesserungen der beiden Gruppen verglichen. So lässt sich festellen, inwieweit die Verbesserung tatsächlich auf den Medikamentenwirkstoff zurückzuführen ist.

Aktive Placebos:
Besonders aussagekräftig sind Studien mit Aktiven Placebos. Sie haben nicht die Wirkung des Medikaments, sondern ahmen nur dessen Nebenwirkungen nach. Dies verhindert, dass der Studienteilnehmer durch das Ausbleiben von Nebenwirkungen errät, dass er lediglich ein Placebo erhält.

Durch placebokontrollierte Studien wurde festgestellt, dass Antidepressiva kaum besser wirken als Placebos.

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