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Artikel "Können Antidepressiva die Beschwerden, die sie behandeln sollen, verschlimmern?" (Fava)

Offizielle Informationen, Artikel, Studien und weitere wissenschaftliche Texte rund um das Absetzen von Psychopharmaka
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Artikel "Können Antidepressiva die Beschwerden, die sie behandeln sollen, verschlimmern?" (Fava)

Link zum Original

In seinem Artikel diskutiert Giovanni A. Fava die Hypothese, dass Antidepressiva bei Langzeit-Einnahme ihrem eigentlichen therapeutischen Zweck (der antidepressiven Wirkung) zuwiderlaufen können.
Er hat hierfür das "Oppositionelle Modell der Toleranz" ("oppositional model of tolerance") skizziert, das eine Erklärung für die "Toleranzentwicklung" (das ist der Verlust der Wirksamkeit) und das spätere Auftreten von Nebenwirkungen bieten könnte. Das von ihm entwickelte Modell soll dabei helfen, die derzeitige Verschreibungspraxis von Antidepressiva (und auch anderer Psychopharmaka) zu überdenken und anzupassen.

Das von Fava entwickelte Modell basiert auf verschiedenen beobachteten Phänomene bei der Verschreibung von Antidepressiva:
  • Verlust der antidepressiven Wirkung nach einiger Zeit der Einnahme: In solchen Fällen wir häufig mit einer Dosiserhöhung "gegengesteuert". Doch Studien konnten aufzeigen, dass viele Patienten einen Rückfall der Depression erleiden, auch wenn die Dosis gesteigert wurde.
  • Resistenz gegen Antidepressiva: Hier werden laut Fava zwei Phänomene unter dem gleichen Begriff "Resistenz" vermischt. Einerseits das generelle Nichtansprechen auf eine Behandlung mit Antidepressiva. Und andererseits die Fälle, in denen Patienten auf ein zuvor eingenommenes Antidepressivum bei der Wiedereinnahme nach einer medikamentenfreien Zeit nicht mehr ansprechen. Nach Ansicht des Autors führt bei letzterem Phänomen die Annahme, dass die Behandlung mit Antidepressiva ursprünglich wirksam war zu Problemen. Es sollte der gesamte Behandlungsansatz evaluiert werden und nicht einfach die Dosis gesteigert oder das Antidepressivum gewechselt werden.
  • Paradoxe Wirkung: Fava beschreibt, dass Antidepressiva bei einigen Patienten eine paradoxe Wirkung zeigten. Statt antidepressiv zu wirken, steigerten sie das depressive Empfinden der Patienten. Dies konnte durch einige Studien bereits aufgezeigt werden.
  • Wechsel zur bipolaren Störung: Bei manchen Patienten traten bei Behandlung mit Antidepressiva manische Zustände auf. Oft wurde deshalb auf eine bipolare Störung geschlossen, auch wenn die Symptome durch die Antidepressiva-Einnahme entstanden sein könnten. Fava beschreibt, dass man mittlerweile davon ausgeht, dass Antidepressiva den Verlauf einer bipolaren Störung verschlechtern können und auch bei unipolaren Depressionen zur Beschleunigung der Depressions-Episoden führen kann.
  • Entzugssyndrome: Laut Fava verschleiert die Bezeichnung solcher Syndrome als "Absetzsyndrome" das Abhängigkeitspotenzial von Antidepressiva. Er beschreibt, dass Entzugssyndrome als Rückfall der Ursprungserkrankung fehldiagnostiziert werden können, was zur weiteren Behandlung mit Antidepressiva führt, das wiederum das Ursprungsproblem aufrecht erhalten könnte.
  • Refraktärität (Nicht-Ansprechen auf die Behandlung): Laut dem Autor können die Umstellung auf andere Wirkstoffe oder die Dosiserhöhung zu einem Nicht-Ansprechen auf die Medikamententherapie führen. Dies äußert sich dann in höheren Rückfallquoten während der Behandlung, geringerer Remission bei folgenden Behandlungen und höhere Intoleranz gegenüber weiteren Behandlungen.
Basierend auf den beschriebenen Phänomenen weist Fava darauf hin, dass es starke Anzeichen dafür gibt, dass Antidepressiva (und auch andere Psychopharmaka wie Antipsychotika) langfristig psychische Störungen, wie Depressionen oder Angststörungen verschlechtern können. Er weist auch darauf hin, dass dies nicht bei allen Patienten der Fall ist, aber die Anzahl solcher Auswirkungen höher ist, als ursprünglich bei der Markteinführung solcher Medikamente vermutet wurde. Er plädiert dafür, dass Antidepressiva deshalb nur kurzzeitig (unter 6 Monate) bei schweren Depressionen eingesetzt werden sollten. Er kritisiert die inkorrekte Schlussfolgerung, dass Medikamente, die im Kurzzeiteinsatz in der Akutphase wirksam sind auch für den Langzeiteinsatz sinnvoll wären. Diese fehlerhafte Annahme blockiert seiner Ansicht nach das Weiterkommen der Forschung auf dem Gebiet der pharmakologischen Behandlung von Depressionen.
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