Grundlagen zu Antidepressiva

Wirkweise, Nebenwirkungen und Risiken von Antidepressiva, Benzodiazepinen, Neuroleptika (Antipsychotika) und Phasenprophylaktika
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Grundlagen zu Antidepressiva

Dieser Infotext ist eine Gemeinschaftsarbeit des Teams von adfd.org und wurde dort erstmalig veröffentlicht.


WICHTIGER HINWEIS: Dieser Artikel gibt eine Einführung in das Thema Antidepressiva. Um diese Einführung leicht verständlich zu halten, sind sehr komplexe Zusammenhänge stark vereinfacht dargestellt.


Antidepressiva wirken auf die Psyche ein. Sie können anregend oder beruhigend wirken und sie können Gefühle dämpfen. Ob und wie sie wirken, ist jedoch von Mensch zu Mensch sehr verschieden.
Antidepressiva haben keine speziell antidepressive Wirkung. Sie können nicht heilen, also auch nicht die Ursache für eine Depression beseitigen.

Wie in Studien nachgewiesen wurde, wirken Antidepressiva bei leichten und mittel- schweren Depressionen nicht besser als Placebos (Scheinmedikamente). Bei schweren und schwersten Depressionen wirken sie möglicherweise geringfügig besser. Irving Kirsch und andere haben in groß angelegten Studien herausgefunden, dass die Besserung der depressiven Symptomatik nicht an dem Wirkstoff des eingenommenen Antidepressivums liegt. Die Besserung liegt größtenteils am Placeboeffekt. Es ist der Glaube des Patienten, dass das Antidepressivum ihm helfen wird, der zur Besserung führt.

Die Einsatzgebiete der Antidepressiva sind neben Depressionen auch Angst- und Zwangsstörungen, Essstörungen, Schlafstörungen, PTBS sowie zur Schmerztherapie


INFO: Links zu Studien und Fachartikeln findest du in der Rubrik „Hintergrundinformationen und wissenschaftliche Texte“.


Antidepressiva sind keine harmlosen Medikamente. Es gibt kein „leichtes“ Antidepressivum.
Antidepressiva können vielfältige Nebenwirkungen haben, sowohl körperliche als auch psychische. Diese Nebenwirkungen können die Lebensqualität stark beeinträchtigen, einige Nebenwirkungen können sehr schwerwiegend sein.

Antidepressiva können zudem körperlich abhängig machen, es kann ein langwieriger Absetzprozess erforderlich sein. Antidepressiva machen jedoch nicht süchtig, da keine psychische Abhängigkeit entsteht.

INFO: Weitere Infos zu Absetzsymptomen und wie sie entstehen findest du in der Rubrik "Grundlagen zum Absetzen".



Wirkprinzip der Antidepressiva


Antidepressiva greifen direkt in den Gehirnstoffwechsel ein.

Das Gehirn gehört zum Zentralnervensystem (ZNS). Nervenzellen leiten mit Hilfe von Botenstoffen Informationen weiter.
Einer dieser Botenstoffe ist Serotonin. Die meisten Antidepressiva sollen Serotonin in der Gehirnflüssigkeit zwischen den Nervenzellen erhöhen.
Serotonin kann dem Gehirn nicht direkt zugeführt werden. Zwischen Blutkreislauf und Gehirn gibt es eine "Schranke" (Blut - Hirnschranke), die Serotonin nicht durchlässt. Daher benutzen Antidepressiva verschiedene biochemische Methoden, um das Serotonin in der Gehirnflüssigkeit zu erhöhen.

Antidepressiva wirken jedoch nicht nur auf das Serotonin, sondern in unterschiedlichem Ausmaß auch auf andere Botenstoffe ein.

Es gibt hauptsächlich zwei Wirkmechanismen, die Hemmung der Wiederaufnahme des Botenstoffs in die Hirnzelle und die Hemmung des enzymatischen Abbaus der Botenstoffe.



Wirkung von Serotonin-Wiederaufnahmehemmern:


Zwischen zwei Nervenzellen befindet sich eine kleine Lücke, der sogenannte synaptische Spalt. Um ihre Information über diesen Spalt hinweg zu der nächsten Nervenzelle zu übermitteln, schüttet die Nervenzelle Serotonin in den Spalt. Das Serotonin überbringt die Botschaft und kehrt dann wieder in seine Ursprungszelle zurück.

Für diesen Rückweg benutzt es eine Art "Taxi", einen Serotonintransporter. Hier setzen die Serotonin-Wiederaufnahmehemmer an. Sie setzen sich selbst in das "Taxi", so dass nicht mehr viel Platz für das Serotonin im "Taxi" ist. Ein Großteil des Serotonin muss daher in dem Spalt zurück bleiben. Auf diese Weise wird die Menge an Serotonin in dem Spalt erhöht.



Einteilung der Antidepressiva nach Wirkstoffklassen


Es gibt verschiedene Gruppen von Antidepressiva, die jeweils andere Methoden verwenden.
Hier die wichtigsten:


Selektive Serotonin- Wiederaufnahmehemmer (SSRI)
Wirkstoffe : Citalopram, Escitalopram, Fluoxetin, Fluvoxamin, Paroxetin, Sertralin, Vortioxetin
Diese Medikamente blockieren das Transportermolekül von Serotonin.


Serotonin- und Noradrenalin- Wiederaufnahmehemmer (SNRI)
Wirkstoffe: Duloxetin, Venlafaxin, Milnacipran
Diese Medikamente blockieren die Transportermoleküle von Serotonin und von Noradrenalin.


Trizyklische Antidepressiva (TZA)
Wirkstoffe: Amitriptylin, Clomipramin, Doxepin, Trimipramin, Opipramol mit Sonderstellung
Diese Medikamente blockieren die Transportermoleküle von Serotonin, Noradrenalin und teilweise Dopamin. Zusätzlich wirken sie auf zahlreiche andere Botenstoffe ein, z.b. Histamin.


Noradrenerge und spezifisch serotonerge Antidepressiva (NaSSa) / Tetrazyklische Antidepressiva
Wirkstoffe: Mirtazapin, Mianserin, Maprotil
Diese Medikamente blockieren direkt bestimmte Noradrenalin Rezeptoren (Alpha 2 Rezeptoren) und Serotonin-Rezeptoren. Sie sollen die Produktion der Botenstoffe anregen. Zusätzlich hemmen sie den Histamin-H1 Rezeptor.


Noradrenalin-Dopamin-Wiederaufnahmehemmer (NDRI)
Wirkstoff: Bupropion
Chemisch ist dieser Stoff eine Vorstufe der Amphetamine. Er soll die Konzentration von Dopamin und Noradrenalin im Zellzwischenraum erhöhen. Zusätzlich verstärkt er die Ausschüttung von Dopamin.


Dualserotonerge Antidepressiva (DSA)
Wirkstoff: Trazodon
Dieses Medikament ist ein Serotonin-Wiederaufnahmehemmer sowie ein Antagonist der 5-HT2-Serotonin-Rezeptoren.


Serotonin- Wiederaufnahmeverstärker (SRE)
Wirkstoff: Tianeptin
Dieses Medikament ist ein atypisches Antidepressiva. Es wirkt entgegengesetzt zu den Serotonin-Wiederaufnahmehemmern, es senkt den Serotoninspiegel im Zellzwischenraum. Zusätzlich erhöht es die Konzentration von Dopamin außerhalb der Nervenzelle.


Monoaminooxidase - Hemmer (MAO Hemmer)
Wirkstoffe: Moclobemid und Tranylcypromin
Monoaminooxidase ist ein Enzym, das für den Abbau der Botenstoffe benötigt wird. Durch die Hemmung dieses Enzyms, steigt der Spiegel der Botenstoffe an.


INFO: Steckbriefe zu einzelnen Wirkstoffen findest du im Beitrag "Steckbriefe zu einzelnen Psychopharmaka".



Häufige Nebenwirkungen


Wie alle Psychopharmaka können Antidepressiva mitunter starke Nebenwirkungen haben.
Unter anderen können folgende Nebenwirkungen auftreten:
  • körperliche Nebenwirkungen (beispielsweise Verdauungsbeschwerden, Schlafprobleme, sexuelle Funktionsstörungen, Gewichtsveränderungen, Kopf-, Muskel- und Gelenkschmerzen, Sehstörungen, etc.)
  • psychische Nebenwirkungen (beispielsweise Unruhe, Angst/Panik, Gereiztheit, Aggressivität, Depersonalisation/Derealisation, etc.)
  • schwere, möglicherweise gefährliche Nebenwirkungen in seltenen Fällen (beispielsweise Blutbildveränderungen, Verlängerung des QT-Zeit Intervalls, Serotoninsyndrom, Manie, Krampfanfälle, Leberfunktionsstörungen, Suizidalität etc.)
In der Schwangerschaft stellen alle Antidepressiva ein Risiko für das Ungeborene / Neugeborene dar.

Aufgrund des Risikos schwerer Nebenwirkungen, ist es wichtig, vor und während der Einnahme von Antidepressiva Routineuntersuchungen durchzuführen. Dazu gehört unter anderem ein Blutbild, Leberwerte und ein EKG.

Wenn du mehrere Medikamente einnimmst, ist es unbedingt erforderlich, den Arzt darüber zu informieren und die Kombination auf möglicherweise gefährliche Wechselwirkungen hin zu überprüfen.


INFO: Steckbriefe zu einzelnen Wirkstoffen und ihren häufigsten Nebenwirkungen findest du im Beitrag "Steckbriefe zu einzelnen Psychopharmaka".



FAQ rund um Antidepressiva und ihre Einnahme


INFO: Links zu Studien und Fachartikeln findest du in der Rubrik „Hintergrundinformationen und wissenschaftliche Texte“.


Mein Arzt meint, ich hätte zu wenig Serotonin und bräuchte daher ein Antidepressivum, so wie ein Diabetiker Insulin braucht. Stimmt das?
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Der Verordnung von Antidepressiva liegt häufig die Annahme zugrunde, ein "biochemisches Ungleichgewicht" im Gehirn sei die Ursache für psychische Störungen. Es wurde vermutet, dass die Ursache für Depressionen ein Serotoninmangel im Gehirn sei. Diese sogenannte "Serotoninmangel - Hypothese" wurde mittlerweile widerlegt. Für ein "biochemisches Ungleichgewicht" konnten bis heute keine Belege gefunden werden.

Bei einem Diabetiker liegt hingegen ein tatsächlicher Mangel von Insulin, eines lebensnotwendigen Hormons vor. Wenn der Körper dieses Hormon nicht oder nicht ausreichend herstellen kann, wird es von außen zugeführt. Das ist eine völlig andere Situation, der Vergleich ist daher nicht zutreffend.

Können Antidepressiva Depressionen heilen?
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Die Ursache für Depressionen ist bis heute ungeklärt. Es gibt dazu verschiedene Erklärungshypothesen. Manche vermuten psychosoziale Einflüsse als Ursprung von Depressionen, andere meinen die genetische Veranlagung könnte zur Entstehung von Depressionen beitragen. Auch an Zusammenhängen zwischen Depressionen und Entzündungen im Körper wird geforscht. Eine finale Antwort gibt es darauf aber leider nicht.
Antidepressiva haben jedoch keine speziell antidepressive Wirkung. In Studien wurde herausgefunden, dass die Wirkung von Antidepressiva zu einem überwiegenden Anteil auf den Placebo-Effekt zurückzuführen ist.

Stimmt es, dass ich ein Antidepressivum einnehmen muss, um "psychotherapiefähig" zu werden?
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Das ist ein gängiges Argument, aber oft trifft genau das Gegenteil zu. Um in einer Psychotherapie an seinen Emotionen, Ängsten, Gedanken, Verhaltensmustern, schmerzhaften Erfahrungen etc. arbeiten zu können, muss man diese auch spüren. Antidepressiva dämpfen oder unterdrücken jedoch die Gefühle und das Erleben.
Es wird immer wieder von Betroffenen berichtet, dass sie in ihrer Psychotherapie erst Fortschritte gemacht haben, als sie ihr Antidepressivum abgesetzt oder deutlich reduziert hatten.

Wenn Antidepressiva nicht antidepressiv wirken, weshalb habe ich dann Nebenwirkungen bzw. Symptome beim Absetzen?
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Auch wenn sich Antidepressiva nicht heilend auf Depressionen auswirken, haben sie dennoch eine Wirkung im Gehirn. Im Fall von SSRI belegen die Wirkstoffe z.B. Serotonintransporter. Dementsprechend hat dieser Eingriff auch eine Auswirkung auf das Zentralnervensystem und seine Funktionen. Dies kann dann wiederum zu Nebenwirkungen und auch Absetzsymptomen führen, auch wenn der eigentlich erwünschte Effekt (die Linderung oder Heilung der Depression) ausbleibt.

Können Antidepressiva Depressions-Rückfällen vorbeugen? Wie sinnvoll ist eine Langzeiteinnahme?
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Wenn man davon ausgeht, dass Antidepressiva nicht spezifisch antidepressiv wirken, ist auch eine Langzeiteinnahme kritisch zu sehen. Dadurch gewöhnt sich das Zentralnervensystem immer mehr an den Wirkstoff und ein Absetzen kann dadurch immer weiter erschwert werden.
Viele Betroffene berichten, trotz der langjährigen Einnahme von Antidepressiva, immer wieder Rückfälle und erneute depressive Episoden zu erleben.
Es gibt nur wenig Forschung zur Langzeiteinnahme von Psychopharmaka. Die verfügbaren Studien legen die Vermutung nahe, dass die meisten verordneten Psychopharmaka wenig zusätzlichen Nutzen haben, wenn man sie über lange Zeit einnimmt. Und bei manchen Patienten führt die Langzeiteinnahme zu einer Verschlechterung der Symptomatik.
Psychopharmaka können langanhaltende, negative Auswirkungen auf das Gehirn und Zentrale Nervensystem haben, insbesondere bei einer Langzeiteinnahme. Dies kann zu körperlichen, emotionalen und kognitiven Störungen führen.

Kann es sein, dass die Wirksamkeit meines Antidepressivums mit der Zeit nachlässt?
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Ja, bei Antidepressiva kommt es mit der Zeit häufig zu einem Wirkverlust. Dieser Wirkverlust wird auch "Poop-out" genannt.

Antidepressiva greifen in das sensible Gleichgewicht der Botenstoffe im Zentralnervensystem ein. Die meisten erhöhen die Konzentration von Serotonin im Spalt zwischen zwei Nervenzellen um die Signalweiterleitung zu verstärken. Das Gehirn registriert diesen Eingriff als Fehler und ergreift Gegenmaßnahmen. Es verringert u.a. die Anzahl der Serotoninrezeptoren und schwächt dadurch die Signalweiterleitung wieder ab. Die Wirkung wird quasi aufgehoben, Nebenwirkungen bleiben jedoch bestehen. Hochdosieren bringt zumeist nur für eine gewisse Zeit einen Aufschub, dann verliert sich die Wirkung wieder.

Können Antidepressiva Suizide verhindern?
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Nein das können sie nicht. Viele Suizide werden unter der Einnahme von Antidepressiva begangen.
Antidepressiva erhöhen nachgewiesener weise sogar das Risiko für Suizidalität, selbst bei Menschen, die unter keiner psychischen Störung leiden. Das Risiko dass ein Antidepressivum Suizidalität auslöst ist besonders hoch bei Menschen unter 25 Jahre.

Antidepressiva müssen daher mit einem Warnhinweis zu Suizidalität und auch zu erhöhter Aggressivität versehen sein.

Ist es sicher, Antidepressiva in der Schwangerschaft und Stillzeit einzunehmen?
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Leider fehlen für viele Wirkstoffe aussagekräftige Studien zur Sicherheit der Einnahme in der Schwangerschaft und Stillzeit. Viele Wirkstoffe gehen durch die Plazenta und auch die Muttermilch auf das Kind über. Wie diese Wirkstoffe das Kind beeinflussen und auch wie sich ein Entzug von diesen Wirkstoffen auf das Kind auswirkt, ist sehr wenig erforscht. Da das Kind nicht von Symptomen berichten kann, ist es schwierig, manche Nebenwirkungen und auch Absetzsymptome bei einem Kind festzustellen oder gar nachzuweisen. Mittlerweile wird in einigen Fachinformationen auf die Möglichkeit von Entzugssymptomen bei Neugeborenen hingewiesen, andere sprechen beschönigend von Anpassungsstörungen.

Allerdings konnte bereits in Studien belegt werden, dass es bei Neugeborenen, die einer SSRI-Einnahme in der Spätschwangerschaft durch die Mutter ausgesetzt waren, zu sehr schwerwiegenden, potentiell lebensbedrohlichen Problemen wie beispielsweise Lungenhochdruck, Atemstörungen, Krampfanfälle kommen kann. Die Neugeborenen sollten daher medizinisch überwacht werden.

Wird das Antidepressivum im ersten Schwangerschaftsdrittel eingenommen, besteht bei einigen Wirkstoffen ein leicht erhöhtes Risiko für Fehlbildungen.

Antidepressiva sollten aufgrund der Risiken nicht bzw. erst bei zwingender medizinischer Notwendigkeit und nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung angewendet werden.

Ist die Einnahme von Antidepressiva für Kinder und Jugendliche sicher?
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Antidepressiva sollen bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren nicht angewendet werden.
Unter Antidepressiva kommt es bei Kindern und Jugendlichen häufiger zu Suizidversuchen und –gedanken und Aggressivität als unter Placebo. Ausserdem ist die Sicherheit bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren hinsichtlich des Wachstums, der körperlichen Entwicklung sowie der Entwicklung von Kognition und Verhalten nicht erwiesen.

Der Arzt darf jedoch dennoch bei "medizinischer Notwendigkeit" Kindern und Jugendlichen Antidepressiva verordnen.

Gibt es bei der Einnahme von Antidepressiva zusätzliche Risiken für ältere Menschen?
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Ja, es gibt zusätzliche Risiken. Laut einer Datenbankanalyse ist die Sterblichkeit unter Antidepressiva erhöht, es steigt das Risiko für Suizidalität, Schlaganfall, Herzinfarkt, Stürzen mit Frakturen und Krampfanfälle.

Ältere Menschen sind auch stärker von anticholinergen Nebenwirkungen betroffen, dazu zählen unter anderem Sehstörungen, Verwirrtheit, Tremor, Tachyarrhythmien, Halluzinationen, kognitive Einschränkungen und Delir. Das Risiko für Demenz ist erhöht.
Anticholinerge Nebenwirkungen sind bei der Gruppe der Trizyklischen Antidepressiva besonders ausgeprägt, daher wird von vielen Fachleuten der Verwendung dieser Antidepressiva abgeraten.

Gibt es Alternativen zur Behandlung von Depressionen mit Antidepressiva?
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Vielen Betroffenen hilft eine Psychotherapie. Einerseits können Muster und Probleme im psychosozialen Umfeld, die mögliche Ursachen für die Depression darstellen, bearbeitet werden. Andererseits können hilfreiche "Skills" erlernt werden, die Betroffenen den Umgang mit Depressionen erleichtern.

Gut belegt ist die Wirksamkeit der achtsamkeitsbasierte kognitive Therapie (MBCT) zur Vorbeugung eines depressiven Rückfalls. Nach einer Studie ist die MBCT der konventionellen medikamentösen Vorbeugung zumindest gleichwertig.

Auch körperliche Bewegung kann einen antidepressiven Effekt haben. Studien konnten belegen, dass moderate sportliche Betätigung die Symptome einer Depression lindern oder sogar beseitigen können.

Pflanzliche Antidepressiva werden häufig als Alternative zu synthetischen Wirkstoffen angeboten (z.B. Johanniskraut). Doch auch solche Arzneimittel wirken ähnlich wie synthetische Antidepressiva und bewirken häufig ähnliche Nebenwirkungen und auch Probleme beim Absetzen.

Können Antidepressiva zu Veränderungen meiner Persönlichkeit führen?
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Wie alle anderen Substanzen, die auf die Gehirnchemie einwirken (z.B. illegale Drogen), führen auch Psychopharmaka zu veränderten mentalen Zuständen / Empfindungen. In vielen Fällen ist ihr Wirkmechanismus unbekannt.
Viele Betroffene berichten von einer "emotionalen Verflachung der Empfindungen" während der Einnahme von Antidepressiva.

Sind Antidepressiva als milde Schlafmittel geeignet?
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Einige Antidepressiva wirken tatsächlich schlafanstoßend. Allerdings sind sie auch bei diesem Einsatz keine milde Medikamente. Sie haben viele mögliche Nebenwirkungen und können auch beim Einsatz als Schlafmittel körperlich abhängig machen.

Da sie nicht an der Ursache ansetzen, können sie auch keine Schlafstörungen heilen. Wird die Ursache nicht behoben, treten die Schlafstörungen nach dem Absetzen wieder auf. Oft sogar in verstärkter Form, weil der Körper unter der Einnahme "verlernt" hat, selbst in den Schlaf zu kommen. Des weiteren sind Schlafstörungen ein sehr häufiges Absetzsymptom, das die Problematik verstärkt.

Bei Schlafstörungen ist eine gute Schlafhygiene, Entspannungsverfahren und evtl. pflanzliche Präparate (nicht Johanniskraut) die erste Wahl. Schwere Schlafstörungen sollten medizinisch und ggfs. psychologisch abgeklärt werden.

Sollte in schweren Fällen dennoch ein Antidepressivum eingesetzt werden, genügt oft eine sehr niedrige Dosis. Im Niedrigdosisbereich ist die schlafanstoßende Wirkung am stärksten.

Helfen Antidepressiva gegen Schmerzen?
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Einige Antidepressiva werden in niedriger Dosierung im Rahmen einer Schmerztherapie bei schweren und chronischen Schmerzen eingesetzt. Sie sind keine klassischen Schmerzmittel, da sie die Schmerzen selbst nicht beeinflussen. Sie wirken auf die Schmerzverarbeitung und auf das Schmerzempfinden.

Ob sie gegen die Schmerzen wirken, ist individuell unterschiedlich und hängt auch von der Art der Schmerzen ab.
Aufgrund der Nebenwirkungen und Risiken von Antidepressiva, sollte ein Behandlungsversuch nur im Rahmen eines schmerztherapeutischen Gesamtkonzeptes und nach sorgfältiger Abwägung des Nutzen und der Risiken erfolgen.


Weiterführende Links zu diesem Thema:

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