Ausschleichen mit Hilfe eines Flüssigpräparats

Informationen zu Entzugssymptomen, und zum risikominimierenden Ausschleichen von Antidepressiva, Benzodiazepinen und Neuroleptika (Antipsychotika) und Phasenprophylaktika
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Ausschleichen mit Hilfe eines Flüssigpräparats

Dieser Infotext ist eine Gemeinschaftsarbeit des Teams von adfd.org und wurde dort erstmalig veröffentlicht.



Kurzbeschreibung und Eignung der Methode


Einige Psychopharmaka sind als Flüssigpräparat erhältlich. Flüssigpräparate gibt es als Lösung (oft in Tropfflaschen), Suspension oder Saft. Mit ihrer Hilfe ist ein kleinschrittiges Absetzen möglich.

Der Wirkstoff ist bei Flüssigpräparaten derselbe, wie bei den Tabletten. Allerdings sind andere Hilfsstoffe enthalten. Außerdem kommt es zu einem etwas schnelleren Wirkeintritt.



Umstellung auf ein Flüssigpräparat


Zunächst muss die gewünschte Milligramm Menge des Wirkstoffes in Milliliter bzw. Tropfenanzahl umgerechnet werden. Die Angaben wieviel Milligramm Wirkstoff in einem Milliliter enthalten sind (mg/ml), stehen auf dem jeweiligen Präparat.
Bei Tropfen ist angegeben, wieviel mg ein Tropfen enthält.


Nicht jeder verträgt die Umstellung auf Tropfen.
Daher empfehlen wir ein schrittweises, überlappendes Umstellen in 25 % Schritten.

Beispiel:
Umstellung einer 20 mg Tablette auf Tropfen:
Erster Schritt: 15 mg als Tablette plus 5 mg als Tropfen für ca. 3 bis 7 Tage
Zweiter Schritt: 10 mg als Tablette plus 10 mg als Tropfen für ca 3 bis 7 Tage
Dritter Schritt: 5 mg als Tablette plus 15 mg als Tropfen für ca. 3 bis 7 Tage
Vierter Schritt: 20 mg als Tropfen für mindestens 7 Tage.

Erst nach erfolgter Umstellung kann mit der Reduktion begonnen werden!

Es ist auch möglich Tabletten und Tropfen/Lösung in Kombination zu nehmen.
Beispiel:
Man möchte 23 mg einnehmen. Man kann dann 20 mg als Tabletten und 3 mg als Tropfen/Lösung einnehmen.



Durchführung des Ausschleichens mit Flüssigpräparat


Lösungen ist zumeist ein Messbecher beigelegt. Die Einteilung ist jedoch für feine Dosierungen zu grob. Anstelle des Messbechers können die ml sehr genau mit einer fein skalierten Einmalspritze aus der Apotheke abgemessen werden.

Bei Tropfen ist darauf zu achten, die Tropfflasche so zu halten, wie im Beipackzettel beschrieben. Ansonsten können zu große oder zu kleine Tropfen aus der Flasche kommen.

Um sehr kleine Dosierungen im untersten Dosisbereich herzustellen, kann bei Tropfen und Lösungen die Wasserlösemethode benutzt werden. Auf diese Weise kann man auch z.B. einen halben Tropfen einnehmen.
Zur Durchführung beachte bitte die genaue Beschreibung der Wasserlösemethode.

Beispiel: Ein Tropfen entspricht 1 mg. Man möchte 3,2 mg einnehmen. Man nimmt 3 Tropfen ganz normal ein. Einen Tropfen gibt man in 50 ml Wasser. Man benötigt davon für 0,2 mg 10 ml ( 0,1 mg entsprechen 5 ml) und nimmt diese 10 ml ein. Der Rest wird verworfen.



Häufig gestellte Fragen und Tipps


Mein Medikament gibt es nicht als Flüssigpräparat. Kann ich auf ein ähnliches aus der gleichen Wirkstoffgruppe umwechseln?
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Nein, davon sollte dringend abgesehen werden! Jedes Psychopharmakon greift etwas anders in den Gehirnstoffwechsel ein. Eine Umstellung käme einem Kaltentzug gleich und kann schwere Entzugssymptome auslösen.
Warum sollte ich schrittweise umstellen, wenn der Wirkstoff doch derselbe ist?
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Menschen mit einem sensiblen Nervensystem reagieren schon auf kleinste Veränderungen. Das Flüssigpräparat enthält andere Hilfsstoffe, die du möglicherweise nicht so gut verträgst. Dein Organismus muß sich möglicherweise erst an den schnelleren Wirkungseintritt bei dem Flüssigpräparat gewöhnen.

Da die Bioverfügbarkeit zwischen den einzelnen Präparaten und Darreichungsformen etwas von einander abweichen kann, kann es sein, dass bei dem Flüssigpräparat etwas mehr oder weniger Wirkstoff als bei dem gewohnten Präparat deinem Körper zur Verfügung steht.
Ich habe das Gefühl, die Tropfen sind immer unterschiedlich dick / groß. Kann das sein?
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Leider ja.
Obwohl Tropfflaschen heutzutage standardmäßig mit einer Tropfvorrichtung namens Senkrechttropfer ausgestattet sind, ist dies kein 100 %iger Garant, dass die Tropfen auch immer gleich dick / groß sind. Sie sind es normalerweise schon, aber es kann Abweichungen geben.

Um eine möglich einheitliche Tropfenform zu erhalten, ist darauf zu achten, dass man die Flasche vollkommen senkrecht hält (daher der Begriff „Senkrechttropfer“), wenn man die Tropfen in sein Glas oder auf den Löffel gibt.
Schütteln und enthaltene Luftblasen können die Entnahme und das Ergebnis verfälschen; dies ist zu vermeiden.
Keinesfalls darf man die Tropfen in eine andere Tropfflasche oder gar Pipettenflasche umfüllen, da hiermit die Bezugsgröße vollkommen verloren geht.
Darf ich mein angebrochenes Flüssigpräparat länger als laut Beipackzettel erlaubt, verwenden?
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Wenn du auf einer sehr niedrigen Dosierung ist, ist die Flasche nach Ablauf der garantierten Haltbarkeit oft noch nicht aufgebraucht.
Eine längere Verwendung hat jedoch zwei Risiken: eine mögliche Verkeimung und eine Abnahme des Wirkstoffgehaltes.
Bei einer angebrochenen Flasche nimmt der Wirkstoffgehalt durch oxidativen Wirkstoffabbau kontinuierlich ab. Die Mindesthaltbarkeit bedeutet, dass in der Zeit der Wirkstoff eine bestimmte Grenze nicht unterschreiten darf.

Wenn du die Flasche länger verwendest, kann es sein, dass du quasi unwissentlich reduzierst. Brichst du dann eine frische Flasche an, kann dies dadurch einer leichten Hochdosierung gleich kommen.
Bei Betroffene mit einem sehr sensiblen Nervensystem kann es sowohl zu Absetzsymptomen, als auch zu Symptomen durch die quasi Hochdosierung kommen.

Bei sehr sensiblen Betroffenen, kann die Wirkstoffabnahme bereits während der Haltbarkeitszeit zu Symptomen führen
Muss ich zuzahlen, wenn ich ein Flüssigpräparat möchte?
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Ja, das ist durchaus möglich. Je nach Präparat kann einiges an Kosten entstehen.
Welche Vorteile bietet die Umstellung auf ein Flüssigpräparat?
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  • Die Methode wird auch von Ärzten anerkannt
  • Du hast keinen Zeitaufwand
  • Die Methode ist relativ leicht handhabbar
  • Du kannst beliebig kleine Dosierungen herstellen und bleibst flexibel die Dosierungen jederzeit zu ändern.
  • Die Methode ist ziemlich genau und daher besser geeignet als das Teilen von Tabletten nach Augenmaß.
  • Die Methode ist praktisch auf Reisen ( die Flasche muss allerdings je nach Präparat kühl gestellt werden)
Hat die Umstellung auf ein Flüssigpräparat auch Nachteile?
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  • Die Umstellung auf Tropfen wird nicht von jedem vertragen
  • Du bist wegen der Rezepte auf die Kooperation des Arztes angewiesen
  • Es können hohe Zuzahlungen fällig werden
  • Die Präparate haben nach dem Öffnen eine sehr begrenzte Haltbarkeit
  • Die Tropfen sind möglicherweise nicht immer exakt gleich groß, was zu Dosisschwankungen führen kann.


Weiterführende Links zu diesem Thema:

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